Sofern einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die individuelle zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
Zu diesen außergewöhnlichen Belastungen gehören insbesondere auch Krankheitskosten. Streitbefangenen ist jedoch nun schon seit längerem, ob solche Krankheitskosten nicht auch ohne Kürzung um die zumutbare Belastung steuermindernd angesetzt werden können. Zuletzt hatte der BFH dies in zwei Urteilen vom 02.09.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 32/13 und VI R 33/13 abgelehnt. Danach gilt, dass Krankheitskosten zwar außergewöhnliche Belastungen sind, dass es aber von Verfassungs wegen nicht geboten ist, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung dieser Aufwendungen auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten. Soweit die Meinung der obersten Finanzrichter der Republik.
Damit ist die gerichtliche Reise dieser Streitfrage jedoch noch nicht am Ende. Gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in München haben nämlich die Kläger Verfassungsbeschwerde eingelegt, sodass die Reise nach Karlsruhe weitergeht. Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 180/16 müssen sich nun die obersten Hüter des Grundgesetzes damit beschäftigen, ob Krankheitskosten nicht auch ohne Kürzung der zumutbaren Belastung steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Daneben gibt es in den Bereichen Krankheitskosten, außergewöhnliche Belastung und zumutbare Belastung jedoch noch einen anderen interessanten Aspekt mit Blick auf die gerichtlichen Anhängigkeiten: Unter dem Aktenzeichen VI R 11/16 ist vor dem Bundesfinanzhof in München nämlich noch ein anderer Steuerstreit anhängig, bei dem es um die Frage geht, ob Krankheitskosten im Zusammenhang mit der Abwehr bzw. Erträglichmachung einer tödlichen Krankheit ohne Kürzung der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Insoweit hat der Bundesfinanzhof seine ablehnende Haltung bei „normalen“, also nicht tödlichen, Krankheiten und den damit zusammenhängenden Kosten schon kundgetan. In diesem speziellen Fall ist nun zu klären, ob es bei Krankheiten mit einem tödlichen Ausgang eine andere Sicht der Dinge geben kann.
Die Frage wird sicherlich spannend bleiben und wir werden natürlich weiter darüber berichten. Bis dahin kann es sich lohnen, den eigenen Einkommensteuerbescheid offen zu halten, sofern die Frage der zumutbaren Belastung nicht vom Vorläufigkeitsvermerk gedeckt wird.