Steuerbüro Bachmann

Nachträgliches Bekanntwerden von haushaltsnahen Dienstleistungen

Im deutschen Steuerrecht ist es durchaus möglich, dass ein unstrittig inhaltlich falscher Steuerbescheid nicht mehr geändert werden kann, weil dem das Verfahrensrecht gegenübersteht. Damit nämlich ein Steuerbescheid nach Ablauf der Einspruchsfrist überhaupt noch geändert werden kann, bedarf es einer Änderungsvorschrift im Rahmen der Abgabenordnung. Greift von diesen sogenannten Korrekturvorschriften keine, bleibt der Bescheid falsch.

Über die Frage, ob eine Korrekturvorschrift einschlägig ist, wurde auch vor dem Finanzgericht Köln gestritten. Dahinter verbarg sich ein Sachverhalt, bei dem ein Steuerpflichtiger erst nach Eintritt der Bestandskraft seines Einkommensteuerbescheides aufgrund der Betriebskostenabrechnung des Verwalters von weiteren haushaltsnahen Dienstleistungen erfahren hatte. Bei Anfertigung und Abgabe der Steuererklärung sowie bei Erlass des Einkommensteuerbescheides war dem Steuerpflichtigen noch überhaupt nicht bekannt, dass weitere haushaltsnahe Dienstleistungen vorhanden waren.

Als dem Steuerpflichtigen schließlich die Betriebskostenabrechnung vorgelegt wurde, begehrt er dementsprechend die Änderung seines Einkommensteuerbescheides. Dabei stützte er sich auf die Korrekturvorschrift in § 173 Abs. 1 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO). Danach können Steuerbescheide aufgehoben oder geändert werden, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsache oder das Beweismittel erst nachträglich (gemeint ist: nach Erlass des Steuerbescheides) bekannt werden.

Da man in der Regel davon ausgehen dürfen sollte, dass ein Steuerpflichtiger von einer zukünftigen Betriebskostenabrechnung bzw. den darin enthaltenen haushaltsnahen Dienstleistungen nichts wissen kann, sollte man meinen, dass ihn kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden trifft.

Dies sieht das Finanzamt im vorliegenden Einzelfall jedoch komplett anders. Der Grund: Bei dem Steuerpflichtigen handelte es sich um einen Steuerberater. Das Finanzamt stellte sich nun auf den Standpunkt, dass dieser fachkundig sei und dementsprechend im Hinblick darauf, dass er bereits in den Vorjahren entsprechende Aufwendungen geltend gemacht hatte, auch im Streitjahr damit hätte rechnen müssen, dass wieder entsprechende Aufwendungen vorhanden sind. Folglich sah das Finanzamt ein grob fahrlässiges Handeln, welches die Änderungsmöglichkeit bei neuen Tatsachen oder neuen Beweismitteln, die zu einer niedrigeren Steuer führen, ausschließt.

Erfreulicherweise sieht dies jedoch das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 24.08.2016 unter dem Aktenzeichen 11 K 1319/16 vollkommen anders. Danach gilt: Ein Steuerpflichtiger, der von Beruf Steuerberater ist, kann auch nach Eintritt der Bestandskraft Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen für eine von ihm angemietete Wohnung geltend machen, wenn er von diesen Aufwendungen erst nach Durchführung der Veranlagung aufgrund der Betriebskostenabrechnung der Verwaltergesellschaft Kenntnis erlangt hat.

Insgesamt muss gesagt werden, dass die Entscheidung aus Köln vollkommen richtig und denklogisch ist. Denn allein aus der Tatsache, dass bereits im Vorjahr haushaltsnahe Dienstleistungen vorhanden gewesen sind, kann auch ein Steuerberater nicht schließen, ob und vor allem in welcher Höhe haushaltsnahe Dienstleistungen im laufenden Jahr ebenfalls gegeben sind. Steuerberater können sicher schon viel, aber eben leider nicht in die Zukunft blicken.

Die erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichts Kölns waren sich dementsprechend auch ihrer Sache so sicher, dass sie die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen haben. Für sie war die Sache spruchreif und nicht weiter diskussionswürdig. Leider gab sich jedoch das Finanzamt damit nicht zufrieden und hat Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt. Diese ist beim Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI B 75/16 anhängig. Ob die obersten Finanzrichter der Republik die Nichtzulassungsbeschwerde annehmen und es zu einem Revisionsverfahren kommt oder ob die Beschwerde schlicht abgelehnt wird, war zum Redaktionsschluss noch nicht ersichtlich.