Vielen ist es überhaupt nicht bewusst, dass auch der Verkauf von Anteilen an einer Personengesellschaft, die wiederum Immobilienvermögen im Betriebsvermögen hält, eine Belastung mit Grunderwerbsteuer auslösen kann. Immerhin ist tatsächlich eine Immobilie selbst nicht veräußert worden, sondern lediglich eine Personengesellschaft bzw. Anteile einer Personengesellschaft, zu deren Betriebsvermögen auch eine Immobilie gehört.
Dennoch lautet die Vorschrift in § 1 Absatz 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) wie folgt: Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Mit anderen Worten: Entsprechende Vorgänge kosten Grunderwerbsteuer und die ist in zahlreichen Bundesländern mit Steuersätzen jenseits der 5 % recht happig.
Sicherlich war es bisher schon möglich, sich die Grunderwerbsteuer zu sparen, wenn man weniger als 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übertragen hat und die restlichen Anteile erst deutlich nach Ablauf der Fünfjahresfrist übertrug. Dies ist jedoch in der Praxis häufig überhaupt nicht gewollt, da die neuen Gesellschafter natürlich nicht mehr unter dem Einfluss, wenn auch stimmrechtlichen Minderheitseinfluss, der alten Gesellschafter stehen wollen.
Aufgrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes in München vom 30.8.2017 unter dem Aktenzeichen II R 39/15 ergibt sich nun jedoch eine weitere Möglichkeit, die Grunderwerbsteuer in entsprechenden Fällen außen vor zu lassen. So urteilten die Richter des obersten Finanzgerichtes der Republik: Die bloße Einräumung einer Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Gesellschaftsanteil sowie zur Veräußerung und Abtretung dieses Gesellschaftsanteils reicht für einen Anteilsübergang im Sinne einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft nach § 1 Absatz 2a GrEStG definitiv nicht aus.
Was konkret das oberste Finanzgericht damit zum Ausdruck bringen möchte, wird durch die Darstellung des Streitsachverhaltes verdeutlicht. Im vorliegenden Fall hatte der alleinige Kommanditist einer grundstückshaltenden GmbH und Co. KG 94 % seiner Anteile auf zwei neue Gesellschafter übertragen. Noch bevor die neuen Eigentümer im Handelsregister eingetragen waren, hatten sie bereits unwiderrufliche Vollmachten über die verbleibenden 6 % der Gesellschaftsanteile. Im Endeffekt konnten damit die neuen Gesellschafter schalten und walten, wie es ihnen beliebte, und mussten nicht auf den alten Gesellschafter Rücksicht nehmen.
Sowohl das Finanzamt als auch das erstinstanzliche Finanzgericht erkannten in dem Vorgehen jedoch eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung im Sinne der Vorschrift des § 1 Absatz 2a GrEStG. Dies begründete das Finanzamt damit, dass aufgrund des Anteilsüberganges zunächst unmittelbar 94 % der Gesellschaftsanteile auf die neuen Erwerber übergegangen sind. Gleichzeitig seien aufgrund der Vollmacht die restlichen 6 % der Gesellschaftsanteile mittelbar auf die neuen Gesellschafter übertragen worden. Im Ergebnis sind damit 100 % der Gesellschaftsanteile, also mehr als 95 %, übergegangen, weshalb Grunderwerbsteuer anfällt. So die Argumentation des Finanzamtes.
Aber auch das erstinstanzliche Finanzgericht in Form des Finanzgerichtes Baden-Württemberg urteilte mit Entscheidung vom 20.1.2015 unter dem Aktenzeichen 5 K 1652/11, dass ein 100-prozentiger Gesellschafterwechsel aufgrund eines Gesamtplans zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer auch dann vorliegt, wenn in zwei Erwerbsvorgängen zunächst 94 % und nach Ablauf der Fünfjahresfrist aufgrund einer Bevollmächtigung weitere 6 % der Anteile an einer Personengesellschaft übertragen werden.
Wie bereits oben erwähnt, lehnt jedoch der Bundesfinanzhof diese fiskalische Sichtweise ab. Klar und deutlich urteilten die obersten Finanzrichter der Republik, dass sich der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (hier im Falle einer GmbH und Co. KG) nicht bereits mit der Erteilung einer Vollmacht, auch wenn diese unwiderruflich ist, ändert, sondern erst mit der Eintragung des Wechsels des Kommanditisten im Handelsregister.
Diesem Grundgedanken folgend kann der Tatbestand der grunderwerbsteuerlichen Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG erst in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem die Gesellschaftsanteile auch tatsächlichen dinglich auf die neuen Erwerber übergehen.
Exkurs: | Insoweit kann entsprechend des Streitfalls mittels Vollmacht ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang verhindert werden, was in diesem Bereich den Gestaltungsspielraum bei Personengesellschaften erheblich erweitert. |