Steuerbüro Bachmann

Nicht immer liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor!

Schon im Juni 2016 haben wir unter der vorstehenden Überschrift einen Beitrag begonnen. Diesen können wir nun mit froher Kunde von einem positiven und erfreulichen Urteil des Bundesfinanzhofs aus München abschließen.

Aber zunächst zum Hintergrund: Wie seinerzeit schon berichtet, ist es für Immobilieneigentümer, bzw. für Vermieter und Verpächter, von besonderer Bedeutung, zu wissen, ob die Erhaltungs- bzw. Reparaturaufwendungen an ihrer Immobilie als sofort abzugsfähige Werbungskosten eingeordnet werden können oder gegebenenfalls nur eine steuerliche Minderung im Wege der Gebäudeabschreibung über die Jahre hinweg möglich ist.

Grundsätzlich sind Erhaltungs- bzw. Reparaturaufwendungen zwar als sofort abzugsfähige Werbungskosten einzuordnen, allerdings sind bei dieser Einordnung auch noch einige Stolpersteine vorhanden, die dazu führen können, dass Herstellungskosten anzunehmen sind. Herstellungskosten können nur über die Gebäudeabschreibung, also in der Regel über einen Zeitraum von 50 Jahren, berücksichtigt werden.

Ein Grund, warum Erhaltungs- oder Reparaturaufwendungen als Herstellungskosten eingeordnet werden können, ist in den sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten gegeben.

Zum Hintergrund der anschaffungsnahen Herstellungskosten: Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Diese Definition der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist in § 6 Abs. 1 Nummer 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) beheimatet.

Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, Immobilieninvestoren gleichzustellen, ganz egal, ob sie eine renovierungsbedürftige oder eine vollkommen intakte Immobilie erwerben. Ein Beispiel verdeutlicht die Zielsetzung der Vorschrift: Wer eine vollkommen intakte Immobilie erwirbt, die gut instand ist und keinerlei Renovierungsstau beinhaltet, der kann die Anschaffungskosten für das Gebäude nur im Wege der Abschreibung steuermindernd absetzen. Dies ist unstrittig und daran führt auch leider kein Weg vorbei.

Wer jedoch demgegenüber eine Immobilie erwirbt, die einen erheblichen Renovierungsstau hat, zahlt einen deutlich geringeren Kaufpreis für das Gebäude. Werden dann nach der Anschaffung des Objekts entsprechende Instandhaltungs- und Renovierungsarbeiten durchgeführt, könn(t)en diese (ohne die Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten) grundsätzlich immer als sofort abzugsfähige Werbungskosten behandelt werden. Es wäre also für einen Immobilieninvestor aus rein steuerlicher Sicht deutlich vorteilhafter, wenn er nur baufällige Objekte erwirbt.

Damit beide Sachverhalte (also die Anschaffung einer intakten und einer baufälligen Immobilie) nicht nur wirtschaftlich, sondern auch steuerlich zu einem vergleichbaren Ergebnis führen, hat zunächst seinerzeit die Rechtsprechung das Rechtsinstitut der anschaffungsnahen Herstellungskosten geschaffen. Diese haben später auch schließlich Eingang in das Gesetz gefunden. Soweit die Hintergründe der nicht zu unterschätzenden Regelung.

Im aktuell entschiedenen Sachverhalt ging es nun um einen Immobilieninvestor, der eine Eigentumswohnung in einem nachweisbar mangelfreien Zustand erworben hatte. Für Instandhaltungs- oder Reparaturaufwendungen war im Anschaffungszeitpunkt also kein Anlass gegeben. Im Anschluss an den Kauf des Gebäudes kam es jedoch zu Streitigkeiten mit den Mietern, welche schließlich nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus der Wohnung auszogen. Leider hinterließen sie die Wohnung jedoch in einem erheblich beschädigten Zustand. Die nötig gewordenen Instandsetzungs- und Reparaturaufwendungen aufgrund dieser Schäden fanden dann nicht nur in den ersten drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes statt, sondern überstiegen auch die 15-Prozent-Grenze. Entsprechend dem Wortlaut der oben zitierten Vorschrift lägen damit anschaffungsnahe Herstellungskosten vor.

Insoweit sah die Finanzverwaltung auch reflexartig anschaffungsnahe Herstellungskosten und wollte die Aufwendungen nur noch im Wege der Abschreibung für das Gebäude, also über einen Zeitraum von in der Regel bis zu 50 Jahre, steuermindernd zum Abzug zulassen. Ein Schelm, wer sich dabei denkt, die Finanzverwaltung entscheide nur nach fiskalischen Interessen…

Schon das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf erkannte jedoch in seiner Entscheidung vom 21.01.2016 unter dem Aktenzeichen 11 K 4274/13 E, dass Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die erst nach Erwerb einer zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzten Eigentumswohnung entstanden sind, keine anschaffungsnahen Herstellungskosten darstellen können. Insoweit würden anschaffungsnahe Herstellungskosten dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen, weil dem Immobilienerwerber ja schließlich auch nicht an der Generierung von abziehbaren Werbungskosten gelegen war.

Seinerzeit sprachen wir Ihnen noch den Tipp aus, sich nicht vom Finanzamt einschüchtern zu lassen, und gegen einen nicht sofortigen Abzug entsprechender Erhaltungs- oder Reparaturaufwendungen Einspruch einzulegen und auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof zu verweisen.

Jetzt wissen wir, dass unser Tipp von damals goldrichtig war: Denn mit Entscheidung vom 09.05.2017 hat der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen IX R 6/16 im Einvernehmen mit dem erstinstanzlichen Urteil klargestellt, dass Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, auch dann nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nummer 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzuordnen sind, wenn die Maßnahmen vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Bereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden.

Ganz konkret sagen die Richter sogar darüber hinaus, dass die strikte Behandlung von Aufwendungen wie im vorliegenden Sachverhalt zu einem sittenwidrigen Ergebnis führen würde und somit im Wege der teleologischen Auslegung entgegen dem gefassten Gesetzeswortlaut etwas anderes gelten muss.

Exkurs: Das vorliegende Urteil des obersten deutschen Steuergerichtes ist ein schönes Beispiel dafür, dass sich die Finanzverwaltung entgegen dem Wortlaut einer steuerlichen Regelung auch die Berücksichtigung von Sinn und Zweck einer Vorschrift zu ihren Lasten gefallen lassen muss.