Im Volksmund heißt es: Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Das ist wahrscheinlich auch auf das Steuerrecht bzw. auf die steuerliche Rechtsprechung zu übertragen. Insbesondere die private Nutzung von Firmenfahrzeugen ist nämlich ein häufiger Gast in der Finanzrechtsprechung. So auch diesmal wieder: In einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.04.2013 (Az: 11 K 2935/11 E) entschied das erstinstanzliche Finanzgericht, das trotz eines vereinbarten Nutzungsverbots ein geldwerter Vorteil für die (mögliche) private Nutzung eines Firmenwagens versteuert werden muss, weil der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass eine Privatnutzung tatsächlich stattgefunden hat bzw. nicht wirklich ausgeschlossen gewesen ist.
Der Fall wird interessant, wenn man die Details des Sachverhalt genau betrachtet: Bei dem angestellten Arbeitnehmer handelte es sich um den Sohn des Inhabers. Zudem sollte der Sohn später einmal den väterlichen Betrieb übernehmen. Der Vater stellte seinem Sohn einen Pkw der Marke Audi A6 Kombi für die betrieblichen Nutzung zur Verfügung.
Im Rahmen eines Zusatzes zum abgeschlossenen Arbeitsvertrag untersagte der Vater dem Sohn ausdrücklich die private Nutzung des Firmenfahrzeugs. Aufgrund dieses Nutzungsverbots wurde im vorliegenden Fall ein geldwerter Vorteil in der Gehaltsabrechnung des Sohns nicht besteuert.
So vergingen die Jahre, bis schließlich der Lohnsteuerprüfer sich zu einer Außenprüfung anmeldete. Wie nicht anders zu erwarten, kam dieser zu der Auffassung, dass ein geldwerter Vorteil sehr wohl zu versteuern sei. Die Begründung des Prüfers: Tatsächlich liegt zwar ein Privatnutzungsverbot für das Firmenfahrzeug vor, andererseits enthielt das Kennzeichen des Firmen-Pkws die Initialen des angestellten Sohns, was jedenfalls nach Meinung des Finanzamtes auf einer gewissen privaten Anspruch auf das Fahrzeug hindeutet.
Noch mehr kritisierte der Lohnsteuerprüfer, dass das vereinbarte Nutzungsverbot weder überwacht wurde, noch ein Fahrtenbuch vorliegt. Dies alles führte das Finanzamt zu der Überzeugung, dass eine Privatnutzung des firmeneigenen Audis zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. Die fiskalische Meinung daher: Der Beweis des ersten Anscheins spricht dafür, dass hier eine Privatnutzung tatsächlich gegeben ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dem Sohn mit einem Porsche noch ein privates Fahrzeug zur Verfügung stand.
Erfreulicherweise ließ sich der Sohn von der Auffassung des Prüfers nicht einschüchtern und zog vor das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf. Leider schloss sich das Finanzgericht jedoch in der oben genannten Entscheidung der fiskalischen Meinung des Prüfers an und war ebenfalls der Meinung, dass die Gegebenheiten des Sachverhalts für eine Privatnutzung des Firmenfahrzeugs sprachen.
Noch erfreulicher daher: Auch durch das erstinstanzliche Urteil ließ sich der Kläger nicht einschüchtern und zog in die Revision zum Bundesfinanzhof. Tatsächlich (und auch verständlicherweise) konnte der Sohn nämlich nicht nachvollziehen, warum denn das Privatnutzungsverbot an sich sowie dazu noch der Tatbestand, dass ein Privatfahrzeug vorhanden war, nicht ausreicht, um darlegen zu können, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Immerhin basiert die Argumentation des Fiskus einzig und allein auf dem Beweis des ersten Anscheins. Konkrete Tatbestandsmerkmale, die auf eine wirkliche Privatnutzung hindeuteten, waren nicht ersichtlich.
Daher sind nun die Richter des obersten Finanzgerichts gefragt. Unter dem Aktenzeichen VI R 25/13 muss der Bundesfinanzhof klären, welche Anforderungen an die Erschütterung des Anscheinsbeweises für die private Nutzung eines Firmenwagens zu stellen sind. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Anscheinsbeweis aufgrund einer verwandtschaftlichen Bindung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber besondere Bedeutung hat.
Betroffene können sich daher in eigenen Fällen auf das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof stützen und so die eigene Verfahrensruhe erhalten.
Tipp:
Darüber hinaus empfiehlt es sich, in ähnlichen Fällen selber tätig zu werden, um den Beweis des ersten Anscheins (weiter) zu erschüttern. Dies könnte dadurch geschehen, dass ein vereinbartes Privatnutzungsverbot in gewisser Art und Weise überwacht wird. So könnte der angestellte Angehörige beispielsweise verpflichtet werden, das Fahrzeug jeden Abend auf oder beim Firmengelände abzustellen und den Schlüssel im Sekretariat abzugeben. Ob dies jedoch im Einzelfall wirklich zielführend ist, muss abgewartet werden. Tatsächlich muss auch hier anerkannt werden, dass dies keine komplette und hundertprozentige nachvollziehbare Erschütterung des Beweises des ersten Anscheins einer privaten Pkw-Nutzung ist.
Im Gegenzug muss selbstverständlich die Frage gestellt werden: Was soll denn noch unternommen werden, um den Anscheinsbeweis einer möglichen Privatnutzung zu erschüttern?
Es bleibt daher zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof Farbe bekennt und konkrete, praxisnahe und steuerzahlerfreundliche Regelungen, insbesondere in Fällen der verwandtschaftlichen Bindung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, vorgibt. Tatsächlich liegt es nämlich auch in der Natur der Sache, dass es regelmäßig schwer ist, etwas zu dokumentieren, was nicht stattgefunden hat.