Häufig zeigen Sachverhalte, dass zumindest im Steuerrecht die Globalisierung noch nicht angekommen ist. So auch in einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19.06.2013 (Az: II R 10/12). In dem Urteil geht es um einen Erben, der im Rahmen des Nachlasses unter anderem Kapitalvermögen erhielt, welches im Nachbarland Frankreich angelegt ist.
Weil es sich um Guthaben und festverzinsliche Wertpapiere handelte, welche in Frankreich angelegt waren, möchte natürlich auch der französische Staat an der Erbschaft verdienen. Daher verlangen auch die Franzosen ihre Erbschaftsteuer – und das nicht zu knapp. Im Urteilsfall ging es immerhin um über 190.000 EUR bei einem Nachlasswert von nicht ganz 420.000 EUR.
Zusätzlich zu den 190.000 EUR, die an den französischen Fiskus zu berappen sind, meldet sich natürlich auch noch der deutsche Staat. Auch dieser möchte, vertreten durch das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt, abermals Erbschaftsteuer kassieren. Einziger Unterschied: Die Deutschen zeigen sich ein wenig genügsamer und forderten lediglich etwa 120.000 EUR Erbschaftssteuer. Dennoch: Für den Erben eine Katastrophe. Bei einem Nachlasswert von 420.000 EUR hat der Erbe schon insgesamt 310.000 EUR (190.000 EUR + 120.000 EUR) allein mit der Erbschaftsteuer vernichtet!
Mit Einspruch und Klage versuchte der Erbe daher, die Anrechnung der französischen Steuer auf die deutsche Erbschaftssteuer zu erreichen. Sollte eine Anrechnung nicht gewährt werden, beantragte der klagende Erbe hilfsweise ein Abzug der französischen Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeiten.
Leider beides ohne Erfolg. Mit Urteil vom 10.06.2013 (Az: II R 10/12) entschied der Bundesfinanzhof: Die Erbschaftssteuer, die ein ausländischer Staat auf den Erwerb von Kapitalvermögen erhebt, dass ein inländischer Erblasser in dem Staat angelegt hatte, ist bei Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens weder auf die deutsche Erbschaftssteuer anzurechnen noch als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen.
Im Urteilsfall war dies eine fatale Folge, da der Erbe unter dem Strich sowohl mit der deutschen als auch mit der französischen Erbschaftssteuer komplett belastet blieb. Der Hauptgrund für diese fatale Entscheidung war: Das Doppelbesteuerungsabkommen in Sachen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich ist nur auf Sachverhalte anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten eingetreten sind. Tatsächlich datiert das Inkrafttreten dieses bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens mit Frankreich auf den 03.04.2009. Da der Erbfall jedoch in diesem Fall früher eingetreten ist, greift kein Abkommen zur Verhinderung einer Doppelbesteuerung. Tatsächlich kommt es dann in solchen Fällen zu einer realen Doppelbesteuerung.
Um diese abzumildern können, lediglich noch Billigkeitsmaßnahmen greifen. Dies entschied auch der Bundesfinanzhof: Führt die Doppelbesteuerung zu einer übermäßigen Steuerbelastung, kann eine Billigkeitsmaßnahme geboten sein. Im abgeurteilten Sachverhalt kam es auch tatsächlich zu einer solchen Maßnahme, da ein Teilbetrag der deutschen Erbschaftsteuer von rund 40.000 EUR erlassen wurde. Im Ergebnis besser als nichts, aber immer noch eine erhebliche Belastung des Nachlasses.