Leider ist es nicht gerade selten, dass die Finanzverwaltung an zahlreiche gesetzliche Regelungen überbordende Anforderungen stellt, die sich jedoch an keiner Stelle im Gesetz oder der Rechtsprechung wiederfinden lassen. So (oder zumindest so ähnlich) ist es auch bei den laut Umsatzsteuergesetz notwendigen Rechnungsnummern.
In diesem Zusammenhang geht die Finanzverwaltung regelmäßig davon aus, dass die Rechnungsnummern fortlaufend und vor allem lückenlos vergeben sein müssen, damit auch tatsächlich ein ordnungsgemäßer Rechnungskreislauf gegeben ist. Insbesondere das „lückenlos“ ist jedoch dem Gesetz an keiner Stelle zu entnehmen, weshalb sich die Frage stellt, ob der Fiskus in Streitfällen darauf pochen darf.
Das erstinstanzliche Finanzgericht Köln vertritt hier in einer im Januar 2018 veröffentlichten Entscheidung die Auffassung, dass die Finanzverwaltung nicht auf eine lückenlose Rechnungsnummernfolge pochen darf. Klar und deutlich stellen die Richter in ihrem Urteil dar: Verwendet ein Unternehmer keine lückenlos fortlaufenden Rechnungsnummern, so berechtigt dies allein nicht das Finanzamt zur Erhöhung des Gewinns durch Schätzungen eines Unsicherheitszuschlags. So das erfreuliche und praxisnahe Urteil vom 7.12.2017 unter dem Aktenzeichen 15 K 1122/16, welches für den Fall der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gefällt wurde.
Im Urteilsfall verwendete der Kläger auf seinen elektronischen Rechnungen ausschließlich Buchungsnummern, welche computergesteuert durch eine Kombination aus der individuellen Veranstaltungsnummer, dem Geburtsdatum des Kunden und dem Rechnungsdatum erzeugt wurden. Aufgrund dieser Kombination war sichergestellt, dass jede Buchungsnummer nur einmalig vergeben wurde. Dies allein reichte jedoch der Finanzverwaltung noch nicht, da die Buchungsnummern nicht numerisch aufeinander aufbauten. Der Fiskus argumentierte, dass hierin ein schwerwiegender Mangel der Buchführung zu sehen sei, weshalb eine Gewinnerhöhung durch einen im Schätzungswege ermittelten Sicherheitszuschlag gerechtfertigt sein sollte. Es war also mal wieder das alte Lied: Wenn es inhaltlich nichts zu bemängeln gibt, dann muss das Mehrergebnis der Betriebsprüfung eben durch Hinzuschätzungen aufgrund formeller Mängel geschaffen werden.
Dieser fiskalischen Auslegung der Dinge folgte jedoch das erstinstanzliche Finanzgericht Köln erfreulicherweise nicht und strich dem Finanzamt den gewinnerhöhenden Unsicherheitszuschlag. Eine Hinzuschätzung auf dieser Basis ist insoweit nicht gerechtfertigt. Tatsächlich besteht nämlich weder eine gesetzliche noch eine aus der Rechtsprechung herleitbare Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System. Basta!
Exkurs: | Zwar hatte das erstinstanzliche Finanzgericht Köln die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, da es höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärt ist, ob eine Pflicht zur Vergabe numerisch fortlaufender und systembedingt zugleich lückenloser (und damit nachprüfbarer) Rechnungsnummern besteht bzw. ob eine solche Pflicht aus dem Vollständigkeitsgebot oder aus umsatzsteuerlichen Pflichten hergeleitet werden kann. Darüber hinaus ist bis auf weiteres höchstrichterlich auch nicht hinreichend geklärt, ob allein ein solcher Mangel eine Hinzuschätzung rechtfertigen würde.
Zu betonen ist jedoch, dass die Finanzverwaltung trotz der zugelassenen Revision keine Revision eingelegt hat. Die Entscheidung des Finanzgerichtes Köln vom 7.12.2017 ist somit rechtskräftig geworden. Es würde nicht mal sonderlich verwundern, wenn die Finanzverwaltung hier ganz bewusst auf die Revision zum Bundesfinanzhof und damit auf die höchstrichterliche Klärung der Dinge verzichtet hat, weil auch vom obersten Finanzgericht der Republik eine für sie negative Entscheidung befürchtet wurde. Aktuell mangelt es nämlich tatsächlich noch an einer höchstrichterlichen Klärung der Dinge, weshalb sich die Finanzverwaltung anderenorts mit Sicherheit nach wie vor auf den Standpunkt stellen wird, dass nur lückenlose Rechnungsnummern ordnungsgemäß sein können. |
Tipp: | Betroffene sollten unter Verweis auf die erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichtes Köln den Streit mit dem Finanzamt keineswegs scheuen. |