Die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung sind ein zweischneidiges Schwert. Dies deshalb, weil sie sowohl im Falle einer Steuernachzahlung gelten als auch im Falle einer Steuererstattung. Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung können also sowohl für als auch gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt werden.
Zum Hintergrund: Kommt es 15 Monate nach der Steuerentstehung zu einer Steuernachzahlung oder einer Steuererstattung, wird diese verzinst. Die Einkommensteuer entsteht beispielsweise mit Ablauf des jeweiligen Jahres. Dazu ein Beispiel: Die Einkommensteuer für 2012 ist mit Ablauf des Jahres 2012 entstanden. Kommt es nun ab April 2014 (also nach Ablauf von 15 Monaten) zu einer Steuernachzahlung oder auch Steuererstattung für 2012, wird diese verzinst.
Der Zinssatz richtet sich dabei jedoch nicht nach dem aktuellen Zinsniveau des Geldmarkts, sondern ist in § 237 der Abgabenordnung gesetzlich festgeschrieben. Er beträgt monatlich 0,5 %. Bei einer Verzinsung für ein volles Kalenderjahr ergibt sich somit ein stolzer Jahreszinssatz von 6 %.
In Erstattungsfällen sind die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung daher eine lukrative Geldanlage. Diese wirkt wie folgt: Sofern die Liquidität vorhanden ist, empfiehlt es sich regelmäßig, die infrage stehenden Steuern zu entrichten. Immerhin wird dann nach Ablauf von 15 Monaten ein Jahreszinssatz von 6 % darauf gezahlt. Eine bessere (und wahrscheinlich auch sicherere) Geldanlage wird man derzeit am Markt wohl nicht finden.
Wer hingegen strittige Steuer zuerst nicht bezahlt und insoweit die Aussetzung der Vollziehung nutzt, kann ein böses Erwachen erleben, wenn es später doch zu einer Steuernachzahlung kommt. Dann nämlich werden nicht nur die Nachzahlung sondern auch die darauf entfallenden Zinsen fällig.
Hiergegen richtet sich aktuell eine Klage beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 31/13. Darin hat der Kläger direkt mehrere Punkte an den Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung auszusetzen. Zunächst einmal stellte er infrage, ob tatsächlich Zinsen für Aussetzung der Vollziehung festgesetzt werden dürfen, wenn eine extrem lange Verfahrensdauer gegeben ist. Insbesondere ist diese Frage interessant, wenn die lange Verfahrensdauer nicht vom Steuerpflichtigen zu vertreten ist. Im Urteilsfall ging es dabei um eine Verfahrensdauer von über sechs Jahren.
Daneben machte der Kläger jedoch auch noch weitere Gründe gegen die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung geltend. So prangert er an, dass der monatliche Zinssatz von 0,5 % willkürlich und insbesondere mit Blick auf das aktuelle Zinsniveau am Markt nicht zu rechtfertigen ist. Darin erkennt der Kläger eine Verfassungswidrigkeit der gesamten gesetzlichen Regelung in § 237 der Abgabenordnung.
Exkurs: | Ob der Kläger mit seinem Klagebegehren tatsächlich Erfolg haben wird, muss leider als eher zweifelhaft angesehen werden. Auch scheint der Verweis auf die tatsächliche Zinslage am Markt nicht gerade hilfreich. Dies deshalb, weil die Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat sowohl gegen als auch für den Steuerpflichtigen wirken können. Insoweit kann darin schon eine Rechtfertigung in der Abkopplung von den Marktzinsen gesehen werden. |
Tipp: | Dennoch gilt: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Dies führt zu folgender Schlussfolgerung: Gerade bei Sachverhalten mit sehr hohen Aussetzungszinsen könnte sich der Einspruch und die dem folgende Verfahrensruhe lohnen. Sollte der Bundesfinanzhof (gegebenenfalls in einigen Jahren) gegen den Steuerpflichtigen entscheiden, ist mit dem jetzigen Einspruch nichts verloren. Sofern der Bundesfinanzhof jedoch für den Steuerpflichtigen entscheidet und jetzt kein Einspruch eingelegt wird, ist alles verloren. |