In der Praxis sind die Fälle rund um die Schrottimmobilien leider recht häufig aufgetreten. Hintergrund war dabei regelmäßig, dass ein Investor sich an einem Immobilienfonds beteiligt. Nach einiger Zeit stellte sich schließlich heraus, dass diese Immobilien aus verschiedenen Gründen nicht vermietbar oder sonst irgendwie vermittelbar waren und somit der entsprechende Immobilienfonds keine Erträge generiert. Häufig handelt es sich dabei um sogenannte Schrottimmobilien.
Zunächst wurde dabei in den vergangenen Jahren die zivilrechtliche Seite geklärt. Dies führte dazu, dass die Initiatoren der Fonds die Beteiligungen zurücknehmen bzw. die Fonds rückabwickeln mussten.
Nachdem dies geklärt war, kam schließlich der Fiskus auf den Plan und ging davon aus, dass die entsprechenden Zahlungen aufgrund der Rückabwicklung regelmäßig ein privates Veräußerungsgeschäft Sinne des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellten.
Nach dieser Norm ist die Veräußerung einer Immobilie, die nicht zu eigenen Wohnzwecken selber genutzt wird, innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung zu versteuern. Da hier die entsprechenden Rückabwicklungen regelmäßig innerhalb der ersten zehn Jahre erfolgten, wollte das Finanzamt insoweit zahlreiche private Veräußerungsgeschäfte besteuern.
In drei Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 06.09.2016 unter den Aktenzeichen IX R 44/14, IX R 45/14 und IX R 27/15 stellen die obersten Finanzrichter der Republik nun jedoch klar, dass zumindest in den meisten Fällen nicht der komplette Betrag als Kaufpreis im Sinne des § 23 EStG gelten kann. Insbesondere für den Fall, dass die als Kaufpreis bezeichnete Gegenleistung teilweise auch für andere Verpflichtungen des Veräußerers erbracht worden ist, die nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 EStG erfüllen, ist der vereinbarte Kaufpreis insoweit aufzuteilen. Dabei kann es sich beispielsweise um Zahlungen für den Verzicht auf Schadensersatzansprüche bzw. für die Rücknahme von Klagen handeln.
Für Zwecke der Aufteilung ist das veräußerte Wirtschaftsgut zu bewerten. Übersteigt die Gegenleistung dann den Wert des veräußerten Wirtschaftsguts, spricht dies dafür, dass der übersteigende Teil der Gegenleistung nicht zum Veräußerungspreis gehört, sondern dass insoweit eine andere Verpflichtung entgolten oder ein Teil der Gegenleistung unentgeltlich zugewendet werden soll.
Da dadurch im Endeffekt das Besteuerungsvolumen bei § 23 Abs. 1 EStG deutlich geringer ausfällt oder in bestimmten Sachverhalten vielleicht sogar komplett wegfallen kann bzw. ein Verlust realisiert wird, ist die oberste Entscheidung von höchster Bedeutung für die Praxis.
Tipp: | Betroffene sollten daher stets prüfen, ob der gezahlte Betrag auch tatsächlich komplett als Kaufpreis angesetzt werden muss oder ob darin nicht auch noch andere Beträge enthalten sind. Steuerpflichtige, bei denen das private Veräußerungsgeschäft schon entsprechend besteuert wurde und tatsächlich auch noch andere Zahlungsgründe gegeben waren, sollten prüfen, ob die entsprechenden Bescheide noch änderbar sind. Ist dies der Fall, sollte ein Änderungsantrag gestellt werden. Dieser würde zwar wahrscheinlich abgelehnt werden, jedoch kann dann gegen diese Ablehnung Einspruch eingelegt werden und unter Verweis auf das anhängige Musterverfahren die eigene Verfahrensruhe beantragt werden. |