Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen, höchstens jedoch um 1.200 Euro. Begünstigt sind dabei nur die Arbeitskosten, das heißt der Arbeitslohn des Handwerkers. Materialkosten hingegen fallen nicht unter die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen.
In der Praxis trifft man dabei häufig auf das Problem, dass die Arbeitskosten durch die Handwerker leider nicht gesondert in der Rechnung ausgewiesen werden. Dies ist insbesondere problembehaftet bei den sogenannten Hausanschlusskosten, welche auch unter die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen fallen. Fraglich ist daher, ob in entsprechenden Fällen schlicht eine Schätzung der eigentlichen Arbeitskosten zur Ermittlung der Steuerermäßigung stattfinden kann.
Die Finanzverwaltung stellt sich dabei jedoch stur. Ausweislich des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 09.11.2016 (Az: IV C 8 – S 2296 b/07/10003) heißt es nämlich in Rz. 40: Der Anteil der Arbeitskosten muss grundsätzlich anhand der Angaben in der Rechnung gesondert ermittelt werden können. Auch eine prozentuale Aufteilung des Rechnungsbetrages auf Arbeitskosten und Materialkosten durch den Rechnungsaussteller ist zulässig. Nahezu nebenbei sagt das Bundesfinanzministerium weiter, dass eine Schätzung auch nicht auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.03.2014 (Az: VI R 56/12) gestützt werden kann.
Diese rigorose Auffassung der Finanzverwaltung ist in Praxis und Literatur sehr umstritten, da dem Gesetz ein entsprechendes Schätzungsverbot nicht zu entnehmen ist. Auch ist es höchst fraglich, warum eine Schätzung ausdrücklich nicht auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.03.2014 gestützt werden soll. Tatsächlich haben nämlich die obersten Finanzrichter der Republik in eben dieser Entscheidung eine Schätzung der Arbeitskosten und Materialkosten durch das Finanzgericht nicht Weise beanstandet und dementsprechend zugelassen. Sehr eindeutig heißt es in der Entscheidung, dass das Finanzgericht die streitigen Aufwendungen der Kläger für den Wasserhausanschluss zu Recht in Höhe der geschätzten Arbeitskosten als Handwerkerleistung für Modernisierungsmaßnahmen beurteilt hat.
Ganz ähnlich hatte daraufhin das Finanzgericht Sachsen in seinem Urteil vom 12.11.2015 unter dem Aktenzeichen 8 K 194/15 entschieden und ebenfalls eine Schätzung des Arbeitskostenanteils der Handwerkerleistung zugelassen. Leider ist die Finanzverwaltung gegen diese positive Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts in Revision gegangen, sodass die obersten Finanzrichter der Republik auch außerhalb eines obiter dictum die Gelegenheit bekommen zu klären, ob der Arbeitskostenanteil bei Handwerkerrechnungen notfalls geschätzt werden darf oder nicht.
Tipp: | Betroffene Steuerpflichtige, in deren Handwerkerrechnung eine entsprechende Aufteilung nicht vorhanden ist, sollten zunächst versuchen, eine entsprechende Rechnungsberichtigung, das heißt eine Aufteilung, durch den Handwerker zu erreichen. Gelingt dies nicht, sollte man sich unbedingt an das anhängige Musterverfahren anhängen, um so von der hoffentlich positiven Entscheidung des Bundesfinanzhofs profitieren zu können. Das Aktenzeichen lautet VI R 18/16. |