Steuerbüro Bachmann

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung

Früher war es eine ganz klare Sache, dass die Kosten einer Ehescheidung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd abgezogen werden können. Dies änderte sich jedoch schlagartig, als der Gesetzgeber die Regelung rund um die außergewöhnlichen Belastungen abgeändert hat. Dies geschah durch Einfügung des § 33 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach dieser Norm sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und ohne die er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.

Auf Basis dieses Abzugsverbots geht die Finanzverwaltung nun davon aus, dass Kosten einer Ehescheidung, also insbesondere die in diesem Zusammenhang angefallenen Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren, als Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden können. In Steuerstreiten zu diesem Thema geht es regelmäßig darum, ob Scheidungskosten nicht doch Aufwendungen sind, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und ohne die er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im üblichen Rahmen befriedigen könnte. Eine Klärung dieser Problematik dauert noch an.

Aktuell geht jedoch das Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 13.01.2016 unter dem Aktenzeichen 14 K 1861/15 ganz neue Wege. Nach Meinung der erstinstanzlichen Richter gehören die anfallenden Kosten bei einer Ehescheidung nach dem im Gesetz objektivierten Willen des Gesetzgebers überhaupt nicht zu den Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreites. Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Zusammenhang mit der Scheidung sind also gar keine Prozesskosten und fallen auch nicht unter das dafür geltende Abzugsverbot.

Insoweit führen die erstinstanzlichen Richter aus: Bereits nach dem Gesetzeswortlaut unter Berücksichtigung der Systematik gehören Ehescheidungskosten nicht zu den Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten). Unter dem Begriff der Führung eines Rechtsstreits sind dabei sowohl der Aktiv- als auch der Passivprozess zu verstehen. Die Führung erstreckt sich vom Anfang bis zum Ende eines Rechtsstreits. Allerdings fällt das Ehescheidungsverfahren nicht unter den Begriff des Rechtsstreits.

Für im Zusammenhang mit der Scheidung angefallene Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren wird also überhaupt keine Ausnahme vom Abzugsverbot benötigt, weil schlicht das Abzugsverbot nicht greift. Die Kosten eines Scheidungsverfahrens sind daher als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig und kommen überhaupt nicht in den Bereich des Abzugsverbotes, weil schlicht keine Prozesskosten vorliegen.

So die nicht nur erfreuliche, sondern auch sehr bemerkenswerte Entscheidung aus Köln. Tatsächlich wird jedoch auch noch eine Entscheidung aus München folgen, denn die Finanzverwaltung hat natürlich sofort den Revisionszug bestiegen und lässt nun beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 9/16 klären, ob im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren angefallene Gerichts- und Rechtsanwaltskosten nach Satz 4 des § 33 Abs. 2 EStG als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind oder ob sie es nicht sind.

Zusätzlich geht es im vorgenannten Verfahren auch um die Auslegung der Begriffe „Existenzgrundlage“ und „lebensnotwendigen Bedürfnisse“. Interessanter wird aber sicherlich die Frage sein, ob Scheidungskosten überhaupt zu den Prozesskosten gehören.

Tipp: Betroffene sollten tunlichst ihren eigenen Einkommensteuerbescheid unter Verweis auf das anhängige Verfahren offen halten, wenn der Fiskus die Scheidungskosten nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen hat. So oder so muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass auch bei einer positiven Entscheidung der BFH-Richter ein anderes Problem drohen könnte: Einzelne erstinstanzliche Gerichte sind nämlich der Meinung, dass bei Ehescheidungsraten von 50 % eine Scheidung überhaupt nichts Außergewöhnliches mehr ist und deshalb diese Kosten nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art berücksichtigungsfähig sind. Bis auf weiteres sollte man jedoch Scheidungskosten regelmäßig als außergewöhnliche Belastung behandeln und sich daher der Meinung aus Köln anschließen.