Steuerbüro Bachmann

Sicherheitsdienste als außergewöhnliche Belastung absetzbar?

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so bezeichnet man diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, welche steuerlich absetzbar sind. Auf Antrag wird nämlich die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Was nun konkret alles eine außergewöhnliche Belastung sein kann, hängt davon ab, ob im Einzelfall die vorstehende Definition erfüllt ist oder nicht.

Im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen hat das Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 11.12.2017 unter dem Aktenzeichen 13 K 1045/15 E die Kosten für die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes als abzugsfähig anerkannt.

Trotz der positiven, erfreulichen und aus unserer Sicht auch richtigen Entscheidung muss jedoch angeführt werden, dass Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst nicht immer als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können. Insoweit hat nämlich auch das Finanzgericht Münster bereits eine Einschränkung getroffen, wonach ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nur dann stattfinden darf, wenn die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, um eine Gefahr für Leib und Leben abzuwehren. Exakt so war es jedoch im entschiedenen Einzelfall vor dem Finanzgericht Münster.

Der Sachverhalt hat dabei schon etwas von einem Kriminalroman. Die Klägerin adoptierte eine erwachsene Frau, welche sich schließlich als überaus kriminell herausstellte. Die Adoptivtochter erschlich sich nämlich eine General- und Vorsorgevollmacht und konnte auch erreichen, dass sie von der vermögenden Klägerin als Alleinerbin eingesetzt wurde. Im Wesentlichen geschah dies dadurch, dass die Adoptivtochter die Klägerin mit Medikamenten ruhig stellte und so permanent in einen körperlichen Dämmerzustand versetzte. Lediglich wenn die Klägerin klar sein musste, wie beispielsweise beim Notartermin für die Generalvollmacht oder die Erbeinsetzung, wurde sie durch weitere Medikamente und Drogen aus dem Dämmerzustand herausgeholt und im Anschluss daran wieder in diesen versetzt.

Erfreulicherweise gelang der Klägerin irgendwann die Flucht aus diesem Gefängnis und sie konnte sowohl die Vollmachten als auch die Erbeinsetzung ihrer kriminellen Adoptivtochter widerrufen. Damit aber noch nicht genug: Im Anschluss zog sie in eine Seniorenresidenz, in der sie sich 24 Stunden am Tag durch einen privaten Sicherheitsdienst bewachen ließ. Dies war im Ergebnis auch keine Überreaktion, obwohl selbst eine solche aus rein menschlichen Erwägungen nachvollziehbar gewesen wäre. Vielmehr hatte die Adoptivtochter auch dort bereits versucht, die Klägerin selbst oder mittels beauftragter Personen aufzusuchen. Mit welchem Ziel, kann sich an dieser Stelle jeder selber ausmalen.

Insoweit erkannte das Gericht, dass die Klägerin gezwungen war, sich vor weiteren möglichen Angriffen gegen Leib und Leben zu schützen. Schon in der Vergangenheit war die Klägerin aufgrund der Behandlung durch ihre Adoptivtochter einer schweren gesundheitlichen Bedrohung ausgesetzt und in ihrer persönlichen Freiheit unzumutbar eingeschränkt worden. Es bestand daher definitiv die Gefahr einer Entführung und damit insbesondere auch eine Wiederholung der körperlichen Übergriffe.

Im Ergebnis kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster aufgrund der vorherrschenden Bedrohungslage daher zu dem aus unserer Sicht richtigen Schluss, dass die Aufwendungen für den privaten Sicherheitsdienst aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und auch den Umständen nach notwendig und angemessen sind. Dieser Argumentation folgend ist im vorliegenden Fall ein Abzug als außergewöhnliche Belastung (auch hier natürlich gekürzt um die zumutbare Belastung) vertretbar und richtig.

Exkurs: Inwieweit in anderen Fällen Kosten für die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes zum Selbstschutz tatsächlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, wird immer im Einzelfall zu entscheiden sein. Insoweit kommt es auch hier auf die entsprechende Bedrohungslage an, um die Frage zu beantworten, ob die Aufwendungen zwangsläufig, notwendig und angemessen sind.

Im Ergebnis muss man jedoch festhalten: Lieber mal keine außergewöhnlichen Belastungen zur Steuerminimierung ansetzen können und dafür auch nicht einer solch extremen Bedrohungslage wie die hier klagende Steuerpflichtige ausgesetzt sein!