Steuerbüro Bachmann

Splittingtarif auch bei wilder Ehe?

Ganz aktuell hat das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 18. Mai 2016 unter dem Aktenzeichen 10 K 2790/14 E entschieden, dass der Splittingtarif nur für Ehegatten und eingetragene Lebenspartnerschaften im Sinne des Partnerschaftsgesetzes gilt. Partnern, die in wilder Ehe leben (formal korrekt ausgedrückt: in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft), können nicht in den Genuss des Splittingtarifs kommen.

Eigentlich sollte dies klar sein, weshalb man geneigt ist, darüber nachzudenken, dass der Kläger hier wieder einer dieser Streithähne ist, die schlicht die Gerichte beschäftigen wollen. Sieht man sich den Sachverhalt jedoch einmal näher an, so bringen der Kläger, bzw. die klagenden Lebenspartner, eine sehr vernünftige Begründung auf den Plan.

Ausweislich der Pressemitteilung des Finanzgerichts Münster vom 15. Juli 2016 liegt der Entscheidung nämlich folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Kläger sind nicht miteinander verheiratet und leben mit ihren drei gemeinsamen Kindern in einem Haushalt. Für das Streitjahr beantragten die Kläger eine Zusammenveranlagung unter Anwendung des Splittingtarifs. Zur Begründung beriefen sie sich auf die gesetzliche Regelung, nach der die für Eheleute geltenden Steuerpflichten auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Tatsächlich ist in § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt: „Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.“

Hintergrund dieser gesetzlichen Formulierung ist die Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Danach verstößt die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher, eingetragener Lebenspartnerschaften im Vergleich zu Ehen bei Anwendung des Splittingtarifs gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Damit in Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun auch gleichgeschlechtliche, eingetragene Lebenspartner in den Genuss des Splittingtarifs kommen können, wurde besagte Formulierung im Gesetz eingefügt.

Die Kläger argumentierten, unter den Begriffen Lebenspartner und Lebenspartnerschaften seien auch nichteheliche Lebenspartnerschaften, also auch die so genannte wilde Ehe, zu verstehen. Wie nicht anders zu erwarten, lehnte sowohl das Finanzamt als auch das erstinstanzlich angerufene Finanzgericht dies ab.

Das erkennende Finanzgericht Münster war sich seiner Sache dabei sogar so sicher, dass die Revision nicht zugelassen wurde. Dennoch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig geworden, denn die in wilder Ehe lebenden Kläger haben Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof in München eingelegt. Dieser muss nun unter dem Aktenzeichen III B 100/16 prüfen, ob an der Argumentation der Kläger etwas dran ist.

Tatsächlich muss man sagen, dass aus der Entstehungsgeschichte sowie aus den Begleitmaterialien des Gesetzes klar und eindeutig ersichtlich ist, dass die Regelung nur die eingetragenen Lebenspartnerschaften betrifft, weil es sich insoweit um eine rechtlich institutionalisierte Form einer Partnerschaft handelt.

Dennoch sollte sich der Bundesfinanzhof auch mit der Frage auseinandersetzen, ob es ausreicht, dass solche Sachen immer nur aus den Begleitmaterialien des Gesetzes zu entnehmen sind. Im Gesetz steht nämlich nur: „Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.“ Von eingetragenen Lebenspartnerschaften oder irgendeiner notwendigen Form der rechtlichen Institutionalisierung steht im Gesetz schlichtweg nichts.

So oder so, mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit wird die Nichtzulassungsbeschwerde oder zumindest das darauf folgende Verfahren keine Aussicht auf Erfolg haben. In der Sache ist dies auch richtig – dennoch ist unverständlich, warum die gesetzliche Regelung so allgemein und dementsprechend missverständlich formuliert ist.