Der Erwerb des so genannten Familienheims von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten wird von der Erbschaftsteuer befreit, wenn der Erblasser im Familienheim bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt ist.
Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 13 Abs. 1 Nummer 4b Satz 5 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) fällt die Steuerbefreiung allerdings mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der überlebende Ehegatte das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selber nutzt. Eine einzige Ausnahme gibt es in diesem Zusammenhang: Die Steuerbefreiung bleibt erhalten, wenn der überlebende Ehegatte aus zwingenden Gründen (z. B. durch einem Heimaufenthalt) an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist.
In einem Verfahren vor dem Finanzgericht Münster war daher streitbefangen, ob auch schon die Übertragung des steuerfrei geerbten Familienheims unter Vorbehaltsnießbrauch (und der damit einhergehende Übergang des Eigentums bei allerdings weitergeführter Nutzung zu eigenen Wohnzwecken) zum rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung führt.
Im Urteilssachverhalt war der Ehemann verstorben und vererbte den hälftigen Anteil am gemeinsamen Familienheim seiner Ehefrau. Da offensichtlich noch weiteres Vermögen vererbt wurde, war es von enormer Bedeutung, dass das Familienheim unter die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nummer 4b Satz 5 ErbStG fällt. Innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall übertrug die überlebende Ehefrau das Familienheim nun allerdings im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Kinder und behielt sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrechts an der Immobilie vor. Aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchsrechts konnte die überlebende Ehefrau das bisherige Familienheim auch noch weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzen, obwohl sie nicht mehr Eigentümerin war.
Obgleich, wie eingangs schon gesagt, einzige Voraussetzung für den rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung die Aufgabe der Selbstnutzung ist, setzte das Finanzamt daraufhin Erbschaftsteuer für den Erwerb des Familienheims nach dem Tode des Ehegatten fest. Leider bestätigte das erstinstanzliche Finanzgericht Münster mit Urteil vom 28.09.2016 unter dem Aktenzeichen 3 K 3757/15 Erb die Vorgehensweise des Finanzamtes.
Nach Meinung des Gerichtes reicht es für den Erhalt der Steuerbefreiung schlicht nicht aus, dass die überlebende Ehefrau das Haus aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchrechts auch noch weiter zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Auch wenn das Gesetz die Aufgabe der Eigentümerposition nicht konkret als schädlichen Folge für die Steuerbefreiung nennt, geht das erstinstanzliche Gericht davon aus, dass im Wege der Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Steuerbefreiung auch dann entfällt, wenn der Erwerber das Eigentum an der Immobilie überträgt. Die Tatsache, dass das Familienheim nach wie vor selbst zu Wohnzwecken genutzt wird, soll dann irrelevant sein.
Exkurs: | Weil sich die erstinstanzlichen Richter damit gegen die konkrete Formulierung im Erbschaftsteuergesetz wenden bzw. nicht mit dieser übereinstimmen, mussten sie die Revision zulassen. Ob mittlerweile der Revisionszug seitens der Kläger bestiegen wurde, ist derzeit nicht bekannt, jedoch zu hoffen. |
Im Ergebnis scheint es zwar nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber durch den Zwang zur Selbstnutzung auch eine Behaltensvorschrift hinsichtlich des zivilrechtlichen Eigentums schaffen wollte. Aus dem Gesetz ist dies jedoch nicht ersichtlich. Andersherum ist es daher auch denkbar, dass der Gesetzgeber lediglich die zehnjährige Selbstnutzung regeln, aber gerade der weiteren vorweggenommenen Erbfolge im Familienkreis nicht im Wege stehen wollte. Das Urteil des Bundesfinanzhofs und auch seine Begründung sind daher mit Spannung zu erwarten. Sicherlich werden wir dann wieder darüber berichten.