Steuerbüro Bachmann

Steuerfalle privates Veräußerungsgeschäft

Tatsächlich ist es allgemein bekannt, dass der Gewinn aus der Veräußerung einer Immobilie im Rahmen des sogenannten privaten Veräußerungsgeschäfts der Einkommensteuer zu unterwerfen ist, wenn zwischen Anschaffung und Fertigstellung des Objekts und der Veräußerung der Immobilie weniger als zehn Jahre liegen.

Nahezu ebenso bekannt ist es, dass es eine Besteuerungsausnahme für Immobilien gibt, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Insoweit sind Immobilien ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden oder alternativ im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren eine Nutzung des Objekts zu eigenen Wohnzwecken stattgefunden hat.

Fraglich (und für die Praxis von erheblicher Bedeutung) ist, ob eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an minderjährige Kinder vorliegt. In der Praxis können sich in diesem Zusammenhang die unterschiedlichsten Fälle ergeben.

So ging es vor dem Hessischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 1 K 1654/14 um eine unentgeltliche Überlassung einer Wohnung an das minderjährige Kind und dessen Mutter. Der dahinter stehende Sachverhalt dürfte dabei nicht einmal selten vorkommen. Ein Paar mit Kindern zieht in eine Wohnung, die beispielsweise dem Mann gehört. Dann kommt es zum Streit und schließlich zur Trennung, sodass der Mann aus der Immobilie auszieht, diese jedoch seiner ehemaligen Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern weiterhin unentgeltlich zur Verfügung stellt. Im Zuge der Trennung wird schließlich auch die Immobilie veräußert, obwohl die Zehnjahresfrist für private Veräußerungsgeschäfte noch nicht abgelaufen ist. Allzu schnell geht man in diesem Fall davon aus, dass die oben genannte Besteuerungsausnahme für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken greift. Leider ist dem jedoch nicht so.

Mit Urteil vom 30.9.2015 hat das Hessische Finanzgericht dies nämlich (zum Leidwesen der Betroffenen) verneint. Konkret führen die Richter aus: Die Überlassung der Wohnung des Steuerpflichtigen nach seinem Auszug an seine ehemalige Lebensgefährtin und die minderjährigen Kinder stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, wenn der gemeinsame Haushalt mit dem Kind oder den Kindern und der Lebensgefährtin aufgelöst worden ist.

In strenger Auslegung des Einkommensteuergesetzes legt das Gericht dar: Ein Gebäude dient nur dann der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. der Ausnahmetatbestände des privaten Veräußerungsgeschäftes, wenn es vom Steuerpflichtigen tatsächlich selbst und auf Dauer bewohnt wird. Bei gemeinsamer Nutzung mit Familienangehörigen bzw. bei teilweiser unentgeltlicher Überlassung an fremde Personen liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur vor, solange die eigene Haushaltsführung möglich bleibt. Dies gilt auch für die Überlassung der Wohnung an ein i. S. d. § 32 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigendes Kind zur alleinigen Nutzung, sofern dies aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung geschieht.

Leider ist die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichtes rechtskräftig geworden.

Einen vollkommen anders gelagerten Fall hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 8 K 2166/14 zu entscheiden. Auch dieser Fall dürfte jedoch in der Praxis relativ häufig vorkommen. So ist er beispielsweise gegeben, wenn die Eltern ihrem Kind an dessen Studienort eine Immobilie kaufen und diese Immobilie dem Kind unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Gerade in der jüngsten Vergangenheit waren solche Fälle mit Hinblick auf die hohen Mieten an Studienorten und die voraussichtlich positive Entwicklung des Immobilienmarktes nicht gerade selten anzutreffen.

Das Problem dabei in steuerlicher Hinsicht: Ist noch eine unentgeltliche Überlassung an ein Kind gegeben, wenn dieses Kind während der Überlassung nicht mehr als Kinderfreibetrag- oder Kindergeld-Kind zu berücksichtigen ist? In Abgrenzung zum vorherigen Sachverhalt des Hessischen Finanzgerichtes sei insoweit abermals erwähnt, dass die Besteuerungsausnahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes dort daran scheiterten, dass die Immobilie auch an den ehemaligen Lebensgefährten überlassen wurde.

Im vorliegenden Fall war dies nicht gegeben, jedoch hat das Kind noch während der Überlassung schlichtweg das 25. Lebensjahr erreicht und war dementsprechend nicht mehr als Kinderfreibetrag- bzw. Kindergeld-Kind zu berücksichtigen.

Aus diesem Grund hat leider auch hier das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 4.4.2016 eine sehr restriktive Entscheidung getroffen. Danach gilt in Fällen, in denen der Eigentümer eine Wohnung nicht selbst bewohnt, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der Besteuerungsausnahme des privaten Veräußerungsgeschäftes nur angenommen werden kann, wenn er die Wohnung einem Kind i. S. d. § 32 Abs. 1 bis 5 EStG überlässt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ein Kind, für das er entweder die Kinderfreibeträge oder das Kindergeld (weiterhin) erhält.

Allein das tatsächliche Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem Kind reicht für die Annahme einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht aus. Daraus folgern die Richter: Überschreitet das Kind die Altersgrenze des § 32 EStG und wird 25 Jahre alt, wird die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sodass der Veräußerungsgewinn im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes auch tatsächlich steuerpflichtig ist.

Auch § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alternative EStG setzt im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren eine „ausschließliche”, also zusammenhängende und ununterbrochene Nutzung zu eigenen Wohnzwecken voraus, die allerdings nicht die vollen drei Kalenderjahr umfassen muss.

Zunächst war vor dem Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen IX R 15/16 die Revision zu der Streitfrage anhängig, ob bei den Eltern eine zuzurechnende Eigennutzung vorliegt, wenn eine Eigentumswohnung dem Kind unentgeltlich überlassen wird, welches aber weit vor Ende des Betrachtungszeitraums des privaten Veräußerungsgeschäftes nicht mehr als berücksichtigungsfähiges Kind im Sinne der Kinderfreibetrag- bzw. Kindergeld-Regelung gilt. Leider ist jedoch mit Beschluss vom 23.8.2016 die Revision als unzulässig verworfen worden, weshalb auch die negative Entscheidung des Finanzgerichtes Baden-Württembergs nun rechtskräftig geworden ist.

In der Praxis muss man daher vorsichtig sein, dass man nicht versehentlich in die eine oder andere Steuerfalle rund um die Besteuerungsausnahme zum privaten Veräußerungsgeschäft tappt. Selbst wenn man den Sachverhalt nicht anders gestalten kann, hilft es wenigstens, von den beschriebenen Steueranfällen zu wissen. Häufig wird es jedoch möglich sein, die Immobilie später, also nach Ablauf der Zehnjahresfrist, zu veräußern. So kann man dann sämtliche Steuern umgehen.