Vielen Bürgern ist die Steuerbefreiung des Familienheims bei der Erbschaftsteuer bekannt. Allerdings kann nicht oft genug heraus gestellt werden, dass diese Steuerbefreiung nicht bedingungslos ist. Tatsächlich ist sie an Voraussetzungen geknüpft, welche vom Fiskus natürlich auch sehr streng geprüft werden.
So ist die Erbschaft des Familienheims durch Kinder nur dann von der Erbschaftsteuer befreit, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Es muss sich also im wahrsten Sinne des Wortes um ein Familienheim handeln. Darüber hinaus greift die Befreiung der Erbschaftsteuer beim Erwerb durch Kinder nur, soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteigt.
In der Praxis problembehaftet ist dabei immer die Frage, was denn unter einer unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung zu verstehen ist. Klar und unumstritten ist, dass der Erbe nicht unverzüglich einziehen muss. Es ist daher schon ausreichend, wenn der Erbe entsprechende Maßnahmen, wie zum Beispiel Renovierungsmaßnahmen, ergreift, die ersichtlich werden lassen, dass die Wohnung zur Selbstnutzung zu Wohnzwecken bestimmt ist. Exakt diese Bestimmung muss aber ebenso unumstritten unverzüglich erfolgen. Sehr umstritten ist dabei allerdings, was denn unverzüglich in diesem Zusammen ist.
Dazu hat sich aktuell das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 28.09.2016 unter dem Aktenzeichen 3 K 3793/15 Erb geäußert. Danach gilt: Unverzüglich erfolgt eine Handlung dann, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Hierzu muss der Erwerber innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen. Ein Familienheim ist regelmäßig unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken des Erwerbers bestimmt, wenn der Erwerber innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Erwerb die Absicht zur Selbstnutzung fasst und umsetzt.
Tatsächlich hat das Finanzgericht jedoch auch erkannt, dass ein Zeitraum von nur sechs Monaten im Einzelfall auch problematisch und realitätsfern sein kann. Daher regeln die Richter in der vorliegenden Entscheidung weiter: Ausnahmsweise kann auch noch nach Ablauf von sechs Monaten von einer unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung zu Wohnzwecken ausgegangen werden, wenn hierfür Umstände verantwortlich sind, die nicht im Einflussbereich des Erwerbers liegen. Konkret bedeutet dies: Auch nach Ablauf von sechs Monaten kann eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung gegeben sein, wenn der Erwerber darlegt und glaubhaft macht, warum ein Einzug in die Wohnung nicht früher möglich ist und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.
Wohlgemerkt muss dann aber auch der Steuerpflichtige tätig werden und genau darlegen können, warum ein früherer Einzug nicht möglich war und warum ihm dies nicht anzulasten ist. Dies war leider im vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben. Nach Meinung des erstinstanzlichen Gerichts war der Kläger hier nicht in der Lage, die Verzögerung bei der Bestimmung zur Selbstnutzung zu erklären, weshalb die Steuerbefreiung für Familienheime nicht gewährt wurde.
Konkret sagt das Gericht dazu: „Jedoch sind seit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch am 02.09.2015 weit mehr als sechs Monate verstrichen, ohne dass Maßnahmen ersichtlich sind, die auf eine unverzügliche Bestimmung des Klägers zur Selbstnutzung des Grundbesitzes A-Straße schließen lassen. Denn ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen sind für die anstehende umfassende Renovierung frühestens ab April 2016 Angebote entsprechender Handwerker eingeholt worden. Selbst wenn zuzugestehen ist, dass vor Einholung konkreter Angebote ohne die Beauftragung eines Architekten oder Bauleiters zunächst eine gewisse Recherchearbeit zu leisten ist, kann der Senat bei einem mehr als sechsmonatigem Zeitraum (Eigentumsumschreibung im September 2015, Angebot Firma F vom 21.04.2016) und einem noch späteren tatsächlichen Beginn der Baumaßnahmen (ab Juni 2016) nicht mehr von einer Unverzüglichkeit (…) ausgehen.“