Steuerbüro Bachmann

Steuerhinterziehung in großem Ausmaß

Steuerhinterziehung ist strafbar, dies ist soweit bekannt. Ausweislich der Regelung in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 der Abgabenordnung (AO) ist in besonders schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich. Ein solch besonders schwerer Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Wann jedoch in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder in großem Ausmaß nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden, ist im Gesetz betragsmäßig nicht vorgegeben.

Insoweit lag es an der Rechtsprechung, hier entsprechende Wertgrenzen herauszuarbeiten. Mit Urteil vom 02.12.2008 hat der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen 1 StR 416/08 daher festgelegt, dass das Merkmal „in großem Ausmaß“ wie bei einem Betrug nach objektiven Maßstäben zu bestimmen ist. Der Bundesgerichtshof hat daher geurteilt, dass eine Steuerhinterziehung in großem Ausmaß vorliegt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt.

Im Hinblick auf diese Wertgrenze hat der Bundesgerichtshof jedoch noch eine weitere Differenzierung eingebaut. So soll diese 50.000-Euro-Wertgrenze nur dann gelten, wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, wie etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, betrügerische Kettengeschäfte oder ähnliche Fällen.

Sofern sich hingegen die Tathandlung der Steuerhinterziehung „lediglich“ darauf beschränkt hat, dass der Täter die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt und dadurch den Steueranspruch nur gefährdet, sah der Bundesgerichtshof die Sache bisher nicht ganz so tragisch. Bei solchen Sachverhalten sollte daher eine Wertgrenze von 100.000 Euro zum Zuge kommen. Erst bei einem höheren Betrag sollte ein großes Ausmaß gegeben sein. So war es bisher!

Zukünftig soll diese Differenzierung nicht mehr gelten und eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 Euro als Definition der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß herhalten. Dies entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.10.2015 unter dem Aktenzeichen 1 StR 373/15. Danach ist eine Unterscheidung zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden nicht mehr vorzunehmen.

Im Urteilsfall ging es um den Wirt einer Pizzeria, der durch die Abgabe falscher Steuererklärungen erheblich Steuern verkürzt hatte und dafür wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt wurde.

Der Bundesgerichtshof stellte in der zuvor zitierten Entscheidung klar, dass aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2011 unter dem Aktenzeichen 1 StR 579/11 die Wertgrenze in Fällen, in denen der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, dabei aber lediglich steuerpflichtige Umsätze verschweigt und dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt, bei 100.000 Euro liegt. An dieser 100.000-Euro-Wertgrenze möchte der Senat nun nicht mehr festhalten und geht künftig von einer einheitlichen Wertgrenze von 50.000 Euro aus.

Folglich soll es künftig irrelevant sein, ob der Steueranspruch lediglich gefährdet wurde oder der Steuerschaden tatsächlich eingetreten ist. Die Richter des Bundesgerichtshofes begründen ihre Entscheidung damit, dass eine Unterscheidung zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem Eintritt des Vermögensschadens beim Staat nicht gerechtfertigt ist, weil sowohl der eine als auch der andere Tathergang nahezu immer zu einer falschen Steuerfestsetzung und damit zu einem Schaden für den Staat führt. Zudem sehen die Richter in der Vereinheitlichung der Wertgrenze auch eine bessere Rechtssicherheit und Klarheit der Regelung. Letzteres ist sicherlich auch ein durchaus mitentscheidendes Argument, hätte aber auch für eine Wertgrenze bei 100.000 Euro, 200.000 Euro oder 1 Million Euro vorgebracht werden können.