Der Tagespresse ist immer mal wieder zu entnehmen, dass aktuell im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland neue Stromtrassen errichtet werden sollen. Geschieht dies, wird es kaum vermeidbar sein, dass entsprechende Stromtrassen auch über private Grundstücke hinweg gezogen werden. Insofern ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 02.07.2018 unter dem Aktenzeichen IX R 31/16 nicht nur in steuerrechtlicher Hinsicht hochaktuell, sondern dürfte auch von enormer gesellschaftspolitischer Bedeutung sein.
Im Urteilsfall ging es um einen Immobilieneigentümer, dessen selbstgenutztes Hausgrundstück mit einer Hochspannungsleitung überspannt wurde. Für die Erlaubnis, das Grundstück überspannen zu dürfen, und die dingliche Absicherung im Grundbuch erhielt der Immobilieneigentümer eine Entschädigung seitens des Netzbetreibers. Bemessen wurde diese Entschädigung nach der Minderung des Verkehrswerts der Immobilie aufgrund der Überspannung mit der Hochspannungsleitung.
Es kam, wie es kommen musste: Der Fiskus wollte die Entschädigung im Bereich der sonstigen Einkünfte der Besteuerung zuführen. Erfreulicherweise ließ sich jedoch der Steuerpflichtige nicht einschüchtern, sondern beschritt den Klageweg. Diesbezüglich entschied das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 20.09.2016 unter dem Aktenzeichen 10 K 2412/13 E, dass die im Vertragswege vereinbarte Minderung des Verkehrswerts für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung schon mangels Freiwilligkeit des ansonsten im Wege der Enteignung durchsetzbaren Eingriffs nicht zu den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nummer 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehört. Insoweit lehnte das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf die Besteuerung im Rahmen der sonstigen Einkünfte ab. Damit liegt das erstinstanzliche Gericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 17.05.1995 unter dem Aktenzeichen X R 64/92. Danach gilt: Wirkt der Steuerpflichtige daran mit, eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung hinzunehmen, liegt darin keine sonstige Leistung im Sinne der sonstigen Einkünfte.
Obwohl sich die Entscheidung des Finanzgerichtes Düsseldorfs bis hierhin sehr positiv anhört, ist sie für den Steuerpflichtigen durchaus negativ ausgefallen. Tatsächlich erkannten die Düsseldorfer Richter nämlich keine sonstigen Einkünfte, jedoch wollten sie die Einmalentschädigung für die Überspannung mit der Hochspannungsleitung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zur Besteuerung heranziehen. So entschieden sie: Besteht die Gegenleistung des Steuerpflichtigen nicht in einem bloßen Unterlassen, sondern darin, einem Netzbetreiber einen Teil des Luftraums über sein Grundstück für den Betrieb einer Hochspannungsleitung zur Nutzung zu überlassen und der Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit zuzustimmen, liegt nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung eine Nutzungsüberlassung gegen Entgelt und damit eine Einnahme im Sinne der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor.
Die Entscheidung des Düsseldorfer Finanzgerichts ist dabei durchaus fatal. Um dies zu erkennen, bedarf es lediglich einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise: Der Steuerpflichtige erhält eine Einmalentschädigung dafür, dass eine Hochspannungsleitung über sein Grundstück gezogen wird, die zu einer (erheblichen) Minderung des Verkehrswertes seines Grundstücks führt. Diese Minderung des Verkehrswertes ist insoweit dauerhaft, dennoch soll der Steuerpflichtige die dafür gewährte Entschädigung sofort in voller Höhe versteuern. Dem aber noch nicht genug. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre der Steuerpflichtige hinsichtlich seines Luftraums enteignet worden, hätte er der Einmalentschädigung nicht freiwillig zugestimmt. Insoweit ist es in der Tat schwer verständlich, warum eine solche Entschädigungszahlung im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (oder auch anderswo) besteuert werden sollte.
Erfreulicherweise gibt es daher zu berichten, dass ganz aktuell das oberste Finanzgericht mit Urteil vom 02.07.2018 unter dem Aktenzeichen IX R 31/16 dem Spuk der Besteuerung für entsprechende Entschädigungszahlungen ein Ende gesetzt hat. Klar und deutlich hat der Bundesfinanzhof entschieden: Eine einmalige Entschädigung, die für das mit einer immerwährenden Dienstbarkeit gesicherte und zeitlich nicht begrenzte Recht auf Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt wird, zählt nicht zu den nach dem Einkommensteuergesetz steuerbaren Einkünften.
Im Ergebnis sind somit sogenannte weiße Einkünfte gegeben, die nicht zu besteuern sind, was im Fazit auch nur als gerecht bezeichnet werden muss.
Tipp: | Da es schon in zeitlicher Hinsicht immer etwas braucht, bis die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch tatsächlich auf allen Ebenen des Finanzamtes angekommen ist, sollten Betroffene tunlichst darauf achten, dass das Finanzamt eine entsprechende Entschädigung nicht doch der Besteuerung zuführt. Sofern dies gegeben ist, sollte im korrekten verfahrensrechtlichen Weg ein einfacher Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausreichen, damit der Spuk dieser Besteuerung auch definitiv in jedem Einzelfall beendet wird. |