Steuerbüro Bachmann

Steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen beim Streit um das Erbe

Es geht hier darum, dass sich Erben bzw. potentielle Erben darüber streiten, wer denn nun tatsächlich das Erbe antreten darf. Die Gründe für solche Streitigkeiten sind vielfältig: Entweder es liegen mehrere Testamente vor, oder es ist aus einem vorliegenden Testament nicht klar erkennbar, wer denn überhaupt Erbe werden sollte. Die aus dieser Unsicherheit resultierenden Streitigkeiten sind meist langwierig und enden nicht selten in einem gerichtlichen Vergleich. Dieser sieht dann in der Regel vor, dass der Kandidat Nummer 1 tatsächlich das Erbe erhält, dafür aber eine Abfindungszahlung an den weichenden Erbkandidaten leisten muss.

Steuerlich kann dieser Sachverhalt aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden: Zum einen geht es um die Besteuerung des weichenden Erbkandidaten, der eine Abfindung erhält, und zum anderen um die steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung des schließlich zum Erben gewordenen.

Zunächst einmal geht es um die Frage, wie denn die Abfindungszahlung an den weichenden Erbkandidaten steuerlich zu behandeln ist. Diesbezüglich kann auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs in München vom 04.05.2011 unter dem Aktenzeichen II R 34/09 zurückgegriffen werden. In dieser Entscheidung haben sich die obersten Finanzrichter der Republik ganz konkret zur Erbschaftsteuerpflicht der Abfindungszahlung an einen weichenden Erbkandidaten wie folgt geäußert: Hat ein Erblasser mehrere Testamente errichtet, in denen er jeweils verschiedene Personen als Alleinerben eingesetzt hat, und ist die Wirksamkeit des zuletzt errichteten Testaments wegen behaupteter Testierunfähigkeit des Erblassers zwischen den potentiellen Erben streitig, ist die Abfindung, die der weichende Erbkandidat aufgrund eines Prozessvergleichs vom zuletzt eingesetzten Alleinerben dafür erhält, dass er die Erbenstellung des anderen nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb von Todes wegen. Mit anderen Worten: Der weichende Erbkandidat erhält eine Abfindung, muss diese aber nicht der Erbschaftsteuer unterwerfen. Als Zwischenfazit kann also schon mal ein erfreuliches Ergebnis festgehalten werden. Dennoch wird es noch besser.

Betrachtet man nun die andere Seite, also den schließlichen Erben, der eine Abfindungszahlung dafür entrichtet, dass er tatsächlich als Erbe anerkannt wird, scheint klar, dass es sich dabei um eine Nachlassverbindlichkeit handelt, die erbschaftsteuermindernd berücksichtigt werden kann. Immerhin hätte der Vergleich, der den schließlichen Erben erst zum Erben gemacht hat, ohne die Abfindungszahlung nicht abgeschlossen werden können.

Dies wollte die Finanzverwaltung jedoch aufgrund der Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 2011 zur Besteuerung der Abfindung beim weichenden Erbkandidaten nicht anerkennen. In einer reflexartigen Haltung ging die Finanzverwaltung davon aus, dass es eine Art korrespondierende Steuerbarkeit geben muss. Konkret gesagt: Wenn doch der Erhalt der Abfindung nicht der Erbschaftsteuer unterliegt, kann auch die Zahlung der Abfindung nicht erbschaftsteuermindernd berücksichtigt werden.

Erfreulicherweise lehnen die Richter des Bundesfinanzhofs in München diese fiskalische Betrachtung jedoch ab. Ganz konkret und unmissverständlich äußern sie sich im Urteil vom 15.06.2016 unter dem Aktenzeichen II R 24/21 wie folgt: Eine Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbkandidaten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Verjährung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Insoweit stellen die Richter darauf ab, dass ein Abzug der Abfindungszahlung als Nachlassverbindlichkeit lediglich voraussetzt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs gegeben ist. Vereinfacht gesagt: Da ohne Abfindungszahlung die Erbenstellung nicht angetreten werden könnte, ist damit bereits ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben.

Auch zu der Annahme, dass es eine Art korrespondierende Steuerbarkeit geben soll, nehmen die Richter Stellung – und lehnen diese ab. Ganz konkret heißt es dazu, dass ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit überhaupt nicht existent ist, so dass der steuermindernde Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht dazu führt, dass beim Zahlungsempfänger Erbschaftsteuer auf den Erhalt der Abfindung erhoben wird.