Steuerbüro Bachmann

Steuerliche Verlustberücksichtigung auf der privaten Vermögensebene

Seit Jahr und Tag war es schon so, dass Verluste auf der privaten Vermögensebene steuermindernd nicht berücksichtigt werden durften. Insbesondere mit Einführung der Abgeltungssteuer ist jedoch fraglich, ob solche privaten Vermögensverluste tatsächlich steuerlich nicht anerkannt werden können. Immerhin möchte die Finanzverwaltung gerade durch die Einführung der Abgeltungssteuer sämtliche Wertsteigerungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erfassen. Wäre es dann auch nicht folgerichtig, sämtliche Vermögensverluste ebenso steuermindernd zu berücksichtigen? Seinerzeit beantwortete das Finanzgericht Düsseldorf diese Frage mit seinem Urteil vom 11.03.2015 unter dem Aktenzeichen 7 K 3661/14 G noch wie gehabt. So urteilten die Düsseldorfer Richter: Der Ausfall einer Darlehensforderung ist auch nach Einführung des § 20 Abs. 2 Nummer 7 EStG des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Ein Forderungsausfall ist nach der Meinung der erstinstanzlichen Richter eben keine Veräußerung im Sinne der zuvor bereits genannten Vorschrift.

Auch wenn man es kaum glauben kann, widersprach der Bundesfinanzhof dieser seit jeher geltenden Rechtslage in seiner Entscheidung vom 24.10.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 13/15. Klar und deutlich urteilten die obersten Finanzrichter der Republik, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nummer 7 EStG auch auf Ebene der privaten Vermögenssphäre insbesondere nach der Einführung der Abgeltungssteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

Ausweislich der höchstrichterlichen Entscheidung ist lediglich bei der zeitlichen Berücksichtigung des Verlustes Obacht geboten. Von einem Forderungsausfall ist danach nämlich erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr folgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Die letzte Aussage dreht sich dabei aber nur um die zeitliche Frage der Verlustberücksichtigung. Dass ein entsprechender, beispielsweise insolvenzbedingter, Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zukünftig berücksichtigt werden muss, hat das oberste Finanzgericht ganz klar dargelegt.

Dennoch scheint sich diese Auffassung insbesondere auch bei der Berücksichtigung von Verlusten aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften noch nicht durchgesetzt zu haben. So hat das erstinstanzliche Hessische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 12.04.2018 unter dem Aktenzeichen 9 K 1053/15 ausdrücklich gegen das vorgenannte Urteil des Bundesfinanzhofs entschieden und die Auffassung vertreten, dass ein Veräußerungsverlust nicht unter die Regelung des § 20 Abs. 2 Nummer 7 EStG fällt und somit nicht steuermindernd berücksichtigt werden kann. Das Hessische Finanzgericht führt weiter aus, dass der Ausfall einer Kapitalforderung, die zum Wegfall der Vermögenssubstanz führt, nicht einer Veräußerung gleichzustellen ist, da über den klaren und eindeutigen Wortlaut hinaus keine planwidrige und auslegungsbedürftige Regelungslücke im Einkommensteuergesetz besteht.

Erfreulicherweise ist jedoch auch gegen dieses erstinstanzliche Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 17/18 anhängig. Betroffene sollten sich daher nicht von dem Urteil des Hessischen Finanzgerichtes einschüchtern lassen, sondern Einspruch einlegen und auf das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof verweisen sowie natürlich auf die positive höchstrichterliche Rechtsprechung unter dem Aktenzeichen VIII R 13/15.

Gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung von Verlusten aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gibt es jedoch noch mehr zu berichten. Gemeint ist hier die gegenseitige Veräußerung wertloser Aktien zwischen fremden Dritten. In diesem Zusammenhang kann nämlich auch eine Verlustrealisierung erfolgen, wie das FG München in seiner Entscheidung vom 17.07.2017 unter dem Aktenzeichen 7 K 1888/16 klargestellt hat.

Danach gilt: Unter dem Regime der Abgeltungssteuer liegt eine entgeltliche Anteilsübertragung auch dann vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden. Das gilt selbst dann, wenn die Veräußerung an die Bedingung geknüpft wurde, dass der Veräußerer im Gegenzug (wertlos gewordene) Aktien des Käufers erwirbt. In einer solchen gegenseitigen Veräußerung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten erkennt das Finanzgericht München keinen Gestaltungsmissbrauch. Solange die Kapitalgesellschaft und damit auch die ausgegebenen Anteile rechtlich fortbestehen, führt nicht bereits ein eingetretener Wertverlust, sondern erst die Veräußerung der Anteile zu einer Realisierung des Aktienverlustes, weshalb das Urteil für die Praxis enorm positiv zu verstehen ist.

Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof aktuell mit Urteil vom 12.06.2018 unter dem Aktenzeichen VIII R 32/16 die erstinstanzliche Auffassung des FG München bestätigt. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 18.01.2016 ist daher eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Insoweit hat bereits der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 25.08.2009 unter dem Aktenzeichen IX R 55/07 klargestellt, dass es keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der Jahresfrist des privaten Veräußerungsgeschäftes Wertpapiere mit Verlust veräußert und unmittelbar anschließend oder zumindest kurz danach gleichartige Wertpapiere zu unterschiedlichen Preisen wieder neu erwirbt.

Insoweit macht der Steuerpflichtige lediglich von der gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch, missbraucht diese aber nicht. Dem wechselseitigen Verkauf von wertlosen Aktien zwischen fremden Dritten sind damit zunächst einmal keine Grenzen mehr gesetzt.