Steuerbüro Bachmann

Umsatzsteuer bei den regelmäßig wiederkehrenden Betriebsausgaben

Wer als Unternehmer keine Bilanz erstellt, sondern eine Einnahme-Überschuss-Rechnung anfertigt, muss sich mit der Regelung des so genannten Zufluss- und Abflussprinzips in § 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auseinandersetzen. Danach gilt: Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr verausgabt.

Diesbezüglich vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass Umsatzsteuer-Vorauszahlungen als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben zu verstehen sind. Diese Meinung ist zudem von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs durch Urteil vom 01.08.2007 unter dem Aktenzeichen XI R 48/05 gedeckt. Darin bestätigen die obersten Finanzrichter der Republik: Eine für das vorangegangene Kalenderjahr geschuldete und zu Beginn des Folgejahres entrichtete Umsatzsteuer-Vorauszahlung ist als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im vorangegangenen Veranlagungszeitraum abziehbar.

Insoweit kann festgehalten werden, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung tatsächlich eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe ist. Dies bedeutet: Grundsätzlich ist die Umsatzsteuerzahlung in dem Kalenderjahr als Betriebsausgabe abzusetzen, in dem sie geleistet wurde. Wohlgemerkt nur grundsätzlich, denn bei Zahlung innerhalb von kurzer Zeit vor Beginn oder kurzer Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehört, greift wiederum die wirtschaftliche Zugehörigkeit.

Folglich muss weiterhin geklärt werden, was denn unter „kurze Zeit“ im Sinne von § 1 EStG zu verstehen ist. Der aktuellen Kurzinformation EStG 9/2015 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 29.04.2016 ist zu entnehmen: Als kurze Zeit ist in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraums muss die Zahlung fällig und geleistet worden sein. Schon in den Einkommensteuerhinweisen ist dabei geregelt, dass beide Voraussetzungen, also die Fälligkeit und der Abfluss, kumulativ in den zehn Tagen vorhanden sein müssen.

Daraus ergeben sich bereits verschiedene Fallkonstellationen: So findet die Zuordnung nach wirtschaftlicher Zugehörigkeit keine Anwendung, wenn nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kalenderjahres erfolgt, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb dieses Zeitraums liegt. So ist es beispielsweise bei der Umsatzsteuerzahlung für Dezember, welche mit Dauerfristverlängerung erst am 10. Februar fällig wird. Selbst wenn dann in den ersten zehn Tagen des Kalenderjahres die Umsatzsteuerschuld für Dezember entrichtet wird, gehört diese Zahlung auch steuerlich in das Jahr der Zahlung, weil die Fälligkeit nicht mehr innerhalb von zehn Tagen ist. Anders sähe es lediglich für die Umsatzsteuerzahlung für November aus, welche mit Fristverlängerung am 10. Januar fällig wird. Erfolgt hier die Zahlung innerhalb der ersten zehn Tage des Kalenderjahres, muss die Ausgabe, abweichend vom Abflusszeitpunkt, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit noch im Vorjahr angesetzt werden.

Gerade bei Umsatzsteuerzahlungen kommt es in der Praxis häufig zu einer Verschiebung der Fälligkeit. Dies ist immer dann der Fall, wenn die eigentliche Fälligkeit auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Bei diesen Fällen gilt, dass der Zehntageszeitraum nicht erweitert werden kann. Dies hat der Bundesfinanzhof bereits in einem Beschluss aus 2002 unter dem Aktenzeichen X B 30/02 klargestellt. Die Ausnahme vom Abflussprinzip, also die Zuordnung nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit statt nach Geldfluss, ist deshalb nicht anwendbar. In solchen Fällen fehlt es schlichtweg an der Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit, weshalb die Regelung nicht mehr greifen kann.

Zuletzt war dies am 10. Januar 2009 (Samstag), 10. Januar 2010 (Sonntag), 10. Januar 2015 (Samstag) und 10. Januar 2016 (Sonntag) der Fall.

Ganz konkret im Hinblick auf die Umsatzsteuer-Vorauszahlung hat daher mittlerweile auch der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 11.11.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 34/2 klargestellt, dass eine Verlängerung des Zehntagezeitraums auf die hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen auf keinen Fall in Betracht kommt. Insoweit sind sich die obersten Finanzrichter auch einig mit der Vorinstanz in Form des Niedersächsischen Finanzgerichts mit Urteil vom 24.02.2012 unter dem Aktenzeichen 3 K 468/11.

Exkurs: Insoweit gibt es von dem oben Vorgenannten nur eine Ausnahme – und zwar immer dann, wenn dem Finanzamt eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt wurde. Ist dies der Fall, ist unabhängig von einer tatsächlichen späteren Abbuchung durch das Finanzamt anzunehmen, dass eine Zahlung zum Fälligkeitszeitpunkt erfolgt ist. Dies gilt zumindest dann, wenn das betreffende Konto zu dieser Zeit eine hinreichende Deckung aufgewiesen hat.

Der Grund für diese Regelung: Der Steuerpflichtige hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteneinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung alles Erforderliche getan, um den Erfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Abbuchungszeitpunkt kommt es nicht mehr an. Daher ist die Zahlung einer am 10. Januar fälligen, aber später eingezogen Umsatzsteuer-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kalenderjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des Finanzgerichts Düsseldorf im Urteil vom 28.04.2015 unter dem Aktenzeichen 11 K 397/15. Der Leitsatz der Entscheidung: Der Zeitpunkt der tatsächlichen Kontobelastung ist für die Behandlung am 10. Januar fällig werdender und außerhalb des Zehn-Tageszeitraums per Lastschrift eingezogener Umsatzsteuervorauszahlungen als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe des Vorjahres nicht entscheidend, wenn der Steuerpflichtige von sich aus alles Erforderliche getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen.

Eine gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof erst jüngst mit Beschluss vom 08.03.2016 unter dem Aktenzeichen VIII B 58/15 als unzulässig verwiesen. Ganz klar äußern sich die Richter darin dahingehend, dass keine Zweifel bestehen, dass bei einer Zahlung im Lastschriftverfahren ein Abfluss bereits dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige durch die Erteilung der Einzugsermächtigung und eine ausreichende Deckung seines Girokontos alles in seiner Macht stehende getan hat, um die Zahlung der Steuerschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu gewährleisten. Wann der Leistungserfolg, also die tatsächliche Abbuchung, stattfindet, ist hingegen vollkommen unerheblich.

Dem steht nach Meinung der Richter auch nicht entgegen, dass der Schuldner im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren der Belastung seines Kontos innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen kann, da in diesem Fall ein Abfluss zu verneinen wäre.