Steuerbüro Bachmann

Verlustrücktrag trotz schädlichem Beteiligungserwerb!?

Ausweislich der Regelung des § 8c Absatz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gilt im Zusammenhang mit dem Verlustabzug bei Körperschaften Folgendes: Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder an eine diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, spricht man von einem schädlichen Beteiligungserwerb.

In diesem Fall sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (also die nicht genutzten Verluste) nicht mehr abziehbar. Weiterhin sind bis zu einem schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder an eine diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.

In der Rechtsfolge soll dies ausweislich des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 04. Juli 2008 in Textziffer 30 bedeuten, dass Verluste, die bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstanden sind, weder mit danach entstandenen Gewinnen ausgeglichen noch von ihnen abgezogen werden können. Ganz konkret führt die Verwaltungsauffassung aus, dass Verluste auch nicht in vorangegangene Veranlagungszeiträume zurückgetragen werden dürfen. Soweit zumindest die Meinung der Finanzverwaltung.

In der Praxis und der Literatur hat sich hier schon immer ein gewisser Unmut verbreitet, ob diese Auffassung tatsächlich richtig sein kann. Ganz aktuell hat nun das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2016 unter dem Aktenzeichen 9 K 2794/15 K, F entschieden, dass die Regelung des § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG die Möglichkeit eines Verlustrücktrages überhaupt nicht einschränkt.

Zum besseren Verständnis hier ein paar Details zum Urteilssachverhalt: Eine Gesellschafterin hatte ihre 50-prozentige Beteiligung an einer GmbH Ende 2013 verkauft. Der GmbH entstand im Jahr 2013 ein Verlust, den sie in das Wirtschaftsjahr 2012 zurücktragen wollte. Unter Verweis auf die Verwaltungsauffassung im oben genannten Schreiben des Bundesfinanzministeriums verwehrte der Fiskus jedoch den kompletten Verlustrücktrag und ließ diesen nur teilweise zu. Die dagegen gerichtete Klage hatte nun erstinstanzlich Erfolg.

Die Gründe für diese überraschende und erfreuliche Entscheidung: Nach Sinn und Zweck der Regelung soll nach Meinung des Gerichts ein Verlustrücktrag sehr wohl möglich sein. Verhindern soll die Vorschrift nämlich lediglich, dass früher entstandene Verluste durch einen Beteiligungserwerb wirtschaftlich übertragen und durch personell veränderte Gesellschaften genutzt werden können. Nach Meinung des Gerichts ist dies jedoch gerade bei einem Verlustrücktrag nicht der Fall, denn dann würden nur diejenigen Gesellschafter den Verlust wirtschaftlich nutzen, die ihn während ihrer Beteiligungszeit auch erwirtschaftet haben.

Ob das erstinstanzliche Gericht damit Recht behält, bleibt abzuwarten, denn selbstverständlich ist die Revision gegen die Entscheidung zugelassen worden. Auch wenn derzeit ein Aktenzeichen noch nicht bekannt ist, ist kaum vorstellbar, dass die Finanzverwaltung hier nicht den Weg vor den Bundesfinanzhof suchen wird. Ein Revisionsverfahren ist daher zu erwarten.