Steuerbüro Bachmann

Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch beim Erbe

Aktuell hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die Frage, wer an wen etwas schenkt, nicht immer für die Bestimmung der Steuerklasse maßgebend ist. Klingt zunächst komisch, weshalb der Sachverhalt die Grundlagen des Urteils am besten erläutert.

Im Urteilsfall hatte ein Sohn (S) gegenüber seinen drei Geschwistern (A, B und C) auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruches sowie eines eventuellen Pflichtteilsergänzungsanspruchs verzichtet. Der Verzicht galt für den Fall, dass er von seiner Mutter (M) testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollte. Die Geschwister A, B und C zahlten dafür jeweils eine Abfindung von 150.000 EUR (also in der Summe 450.000 EUR) an S.

Das Finanzamt ging nun her und berechnete bzw. bewertete die Abfindungszahlung als Schenkung der Mutter M an ihren Sohn S. Die Summe der Abfindungszahlung in Höhe von 450.000 € wurde daher mit einer bereits stattgefunden Vorschenkung von M an S der Schenkungsteuer unterworfen. Gegen diese Vorgehensweise richtete sich die Klage des S.

Mit Urteil vom 16.05.2013 (Az: II R 21/11) hat S insoweit Recht bekommen, als dass der Bundesfinanzhof entschied: Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine freigiebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen und kann nicht als fiktive freigiebige Zuwendung des künftigen Erblassers an diesen besteuert werden.

Mit anderen Worten: Entgegen der Auffassung des Finanzamtes, das in der Abfindungszahlung eine Schenkung der Mutter M an ihren Sohn S erkennen wollte, bestimmte der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung, dass tatsächlich eine Schenkung von den Geschwistern A, B und C an ihren Bruder S stattgefunden hat.

Weil der persönliche Freibetrag (aktuell 400.000 EUR) zwischen der Mutter M und ihrem Sohn S bereits durch Vorschenkungen aufgebraucht war, ist dieses Ergebnis in punkto Freibetrag zu bevorzugen. Tatsächlich stehen so nämlich abermals drei persönliche Freibeträge zwischen den Geschwistern A, B und C sowie S in Höhe von jeweils 20.000 EUR (also in der Summe 60.000 EUR) zur Verfügung.

Anders sieht es jedoch aus, was die Frage der Steuerklasse betrifft. Diese richtete sich nämlich nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers, im vorliegenden Fall des S, und dem künftigen Erblasser, also der Mutter. Dies hatte der Bundesfinanzhof bereits in einer früheren Entscheidung vom 25.01.2001 (Az: II R 22/98) klargestellt. Darin heißt es: Schließen künftige gesetzliche Erben einen Vertrag, wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteilsansprüche bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Zahlung eine freigiebige Zuwendung, also eine Schenkung, zwischen Zahlendem und Zahlungsempfänger dar. Die Steuerklasse richtet sich jedoch nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (in unserem Fall S), welcher auf den Pflichtteilsanspruch verzichtet, und zum künftigen Erblasser (in unserem Fall die Mutter).

Im Falle von Vorschenkungen, die bereits den Freibetrag zwischen Eltern und Kindern aufgebraucht haben, gelangt man daher auf diesem Weg zum bestmöglichen Ergebnis. Zum einen können noch die persönlichen Freibeträge zwischen den Geschwistern genutzt werden, zum anderen kommt es zur Anwendung der günstigeren Steuerklasse.

Exkurs: Aber Vorsicht: Sofern an S jedoch keinerlei Vorschenkungen getätigt worden wären, die den persönlichen Freibetrag zwischen Mutter und Sohn aufgebraucht hätten, würde die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes deutlich benachteiligen. Der Grund: In diesem Fall stünden nur die Freibeträge zwischen den Geschwistern und nicht der hohe persönliche Freibetrag zwischen Eltern und Kindern zur Verfügung.