Wer als Gesellschafter einer GmbH Ausschüttungen erhält, muss diese grundsätzlich im Rahmen der Abgeltungsteuer versteuern. Wohl gemerkt gilt dies jedoch nur grundsätzlich. Ausnahmen bestätigen im deutschen Steuerrecht ja bekanntlich die Regel. Dies trifft auch hier zu: Ausweislich des Einkommensteuergesetzes kann der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nämlich auch beantragen, dass die tarifliche Einkommensteuer angewendet wird. Voraussetzung dafür ist, dass er entweder zu mindestens 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder aber zu mindestens einem Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt und zusätzlich auch beruflich für diese tätig ist.
Grund für eine solche Antragsmöglichkeit (und dem folgend in der Praxis auch der Sinn eines solchen Antrag) ist im Wesentlichen das mit der Abgeltungsbesteuerung einhergehende Werbungskostenabzugsverbot. Wer nämlich beispielsweise seine GmbH-Beteiligung fremdfinanziert hat, kann dafür zu zahlende Schuldzinsen im Abgeltungsteuersystem nicht steuermindernd absetzen, sofern etwaige Ausschüttungen aus der GmbH-Beteiligung der Abgeltungsteuer unterliegen. Der Antrag auf Besteuerung mit der tariflichen Einkommensteuer eröffnet dann die Möglichkeit des Werbungskostenabzugs. Es kommt dabei auf den Einzelfall an, welches die beste Variante ist. Prognostizierte Ausschüttungen sowie zu zahlende Schuldzinsen sind hier ebenso in der Berechnung zu berücksichtigen, wie auch der persönliche Steuersatz. Konkret geht es an dieser Stelle also nicht um die Frage, ob man den Werbungskostenabzug haben möchte, sondern vielmehr, wie man ihn denn bekommt, wenn man der tariflichen Einkommensteuer unterliegen möchte.
Streitbefangen war in der Praxis dabei immer, wie weit bei einer mindestens ein-prozentigen Beteiligung an der Kapitalgesellschaft die berufliche Tätigkeit tatsächlich gehen muss bzw. was konkret darunter zu verstehen ist.
Ausweislich der Auffassung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 09.10.2012 (Az: IV C 1 – S 2252/10/10013) gilt in diesem Zusammenhang folgendes: Unter den Begriff der beruflichen Tätigkeit fallen sowohl selbstständig als auch nicht selbstständig ausgeübte Tätigkeiten. Ob es sich bei der beruflichen Tätigkeit um eine gewerbliche, freiberufliche oder um eine andere unter die Einkünfteerzielung fallende Tätigkeit handelt, ist nach der Auffassung der Finanzverwaltung vollkommen unerheblich. Insoweit geht die Meinung der Finanzverwaltung mit der Meinung der Literatur einher. Darüber hinaus geht der Fiskus jedoch auch davon aus (und dies ist der entscheidende Unterschied zur Literatur), dass eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung nicht ausreichend ist, um in den Genuss des Werbungskostenabzugs zu kommen. Anders ausgedrückt: Wer nur bei der GmbH putzt (denn dies wird insoweit als untergeordnete Tätigkeit gesehen), kann trotz einer ein-prozentigen Beteiligung nicht auf den Werbungskostenabzug hoffen, egal wie gründlich er schrubbt.
Da das Gesetz jedoch nur davon spricht, dass der Anteilseigner für die Kapitalgesellschaft tätig sein muss, ist diese Auffassung dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes nicht zu entnehmen. Ausweislich des Wortlautes des Gesetzes sollte daher auch eine unterordnete Tätigkeit (gegebenenfalls als Putzaushilfe oder ähnliche für die Gesellschaft nicht wesentliche Arbeiten) ausreichend sein.
Ähnlich sieht es auch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 25.8.2015 unter dem Aktenzeichen VIII R 3/14. Klar und deutlich urteilten die Richter darin, dass der Antrag auf Anwendung der tariflichen Einkommensteuer nicht erfordert, dass der Anteilseigner aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft einen maßgeblichen Einfluss ausüben kann. Schlicht und einfach argumentieren die obersten Finanzrichter der Republik, dass der Anteilseigner lediglich zu mindestens einem Prozent beteiligt sein muss und auch für die Kapitalgesellschaft tätig sein muss. Sind diese Tatbestandsmerkmale gegeben, sind auch die Voraussetzungen für den Antrag auf Besteuerung mit der tariflichen Einkommensteuer gegeben.
Klar und deutlich führen die obersten Finanzrichter in ihrer Entscheidung aus, dass der Gesetzestext insoweit eindeutig und nicht auslegungsfähig ist. Im Gesetzeswortlaut werden hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Anteilseigners weder Anforderungen qualitativer noch quantitativer Art gestellt.
Exkurs: | Der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs geht jedoch auch auf die gegenteilige Meinung im Verwaltungserlass ein. So erläutern die Richter: Auch für die vom Bundesministerium der Finanzen im oben genannten Schreiben vertretene Auffassung, wonach eine berufliche Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung für eine entsprechende Antragsoption nicht ausreicht, sind im Gesetzeswortlaut selbst keine Anhaltspunkte zu finden. Der Senat sieht es daher als zweifelhaft an, ob die Auslegung dem Gesetz entspricht. Allerdings (und jetzt kommt das Aber): Dies bedürfte im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, da die berufliche Tätigkeit der Klägerin bei der GmbH weder quantitativ noch qualitativ von untergeordneter Bedeutung war. |
Im Ergebnis stellen die Richter damit klar, dass der Sachverhalt des zugrunde liegenden Verfahrens nicht geeignet war, dem Schreiben der Finanzverwaltung den Garaus zu machen. Dennoch lassen sie deutliche Zweifel an der Auffassung des Bundesfinanzministeriums erkennen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen, sodass weitere Entscheidungen fällig werden dürften. Wir werden berichten, zumal wir hier mit erfreulichen Entscheidungen rechnen.