Bisher galt, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Vermietungs- und Verpachtungsobjekt nach dessen Veräußerung nicht mehr steuermindernd als Werbungskosten abgezogen werden können. Von diesem Grundsatz verabschiedete sich jedoch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20.06.2012 (Az: IX R 67/10).
Darin entschieden die obersten Finanzrichter der Republik, dass Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Grundstücks dienen, auch nach der Veräußerung der entsprechenden Immobilie als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können.
Dies gilt zumindest dann, wenn die Immobilienveräußerung ein Steuervorgang im Sinne eines privaten Veräußerungsgeschäfts gewesen ist und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös der Immobilie nicht getilgt werden konnten.
Während die Voraussetzung, dass der erzielte Veräußerungserlös in erster Linie zur Tilgung der damit zusammenhängenden Schulden zu verwenden ist, noch nachvollziehbar ist, bereitet die weitere Voraussetzung in der Praxis schon größere Probleme.
Der Bundesfinanzhof äußerte sich nämlich nicht dazu, wie mit nachträglichen Werbungskosten zu verfahren ist, wenn die Immobilie nicht im Rahmen eines steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäfts verkauft wird. In der Praxis dürfte dies jedoch die Mehrzahl der Fälle sein. Immerhin gilt: Jede Immobilie im Privatvermögen, bei der zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als zehn Jahre vergehen, kann ohne einen Anfall von Ertragssteuern veräußert werden. In einem aktuellen Verfahren unter dem Aktenzeichen IX R 42/13 wird sich der Bundesfinanzhof daher auch damit beschäftigen müssen, wie bei einer nichtsteuerbaren Immobilienveräußerung zu verfahren ist.
Im Zentrum steht dabei die lastenfreie, also nicht unter das private Veräußerungsgeschäft fallende, nichtsteuerbare Veräußerung der Immobilie. Das Gericht muss jedoch darüber hinaus auch klären, ob seine Rechtsprechung aus 2012 (Az: IX R 67/10) in diesem Zusammenhang eine Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eröffnet.
Tipp:
Im anhängigen Verfahren geht es zwar konkret um eine Vorfälligkeitsentschädigung. Steuerpflichtige, die Schuldzinsen aus dem Immobiliendarlehen nach nichtsteuerbarem Verkauf zahlen müssen, sollten sich dennoch auf das anhängige Verfahren berufen. Es ist nämlich nur schwer vorstellbar, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden kann, obwohl keine steuerbare Immobilienveräußerung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes vorliegt, während nachträgliche Schuldzinsen mangels steuerbaren Veräußerungsvorgangs vom Abzug ausgeschlossen sein sollten. Anders ausgedrückt: Bejaht der Bundesfinanzhof den Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung trotz nichtsteuerbarem Immobilienverkauf, dürfte bei nachträglichen Schuldzinsen kein anderes Ergebnis zustande kommen.