Das Finanzgericht Münster hat in einer Entscheidung vom 12.04.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 2050/16 Erb klargestellt, dass nach deutschem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht eine freigebige Zuwendung, also eine steuerpflichtige Schenkung, sehr wohl gegeben sein kann, auch wenn dies nach ausländischem Recht nicht der Fall ist. Was sich unspektakulär anhört, kann erhebliche Folgen haben.
Im Urteilsfall ging es darum, dass der Kläger eine Schenkung versteuern sollte. Seine Großmutter hatte ihr Kind (den Vater des Klägers) als Alleinerbe eingesetzt.
Die Großmutter war britische Staatsangehörige und so konnte der Alleinerbe (Vater des Klägers und Sohn der Erblasserin) von der nach britischem Recht bestehenden Möglichkeit Gebrauch machen, eine von der Erbfolge abweichende schriftliche Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses abzuschließen. Diese sogenannte „Deed of Variation“ ist nach britischem Recht durchaus möglich und dort auch nichts Besonderes.
Aufgrund der Abweichung von der testamentarischen Erbfolge erhielt unter anderem der Kläger (Enkel der Erblasserin und Sohn des Alleinerben) ein im Nachlass befindliches Grundstück. Eine Versteuerung fand insoweit in Großbritannien statt.
Da es jedoch in der Bundesrepublik Deutschland keine abweichende schriftliche Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses gibt, sah das inländische Finanzamt darin eine Schenkung des Vaters (Sohn und Alleinerbe der Erblasserin) an seinen Sohn. Dagegen richtet sich die Klage des Sohnes mit der Argumentation, dass ihm keinesfalls Vermögen des Vaters zugewandt wurde, sondern Vermögen der Erblasserin und dementsprechend zumindest eine Anrechnung der britischen Erbschaftsteuer stattfinden muss.
Mit oben genannter Entscheidung des Finanzgerichts Münster wurde jedoch herausgearbeitet, dass die Zuwendung an den Kläger kein Erwerb von Todes wegen von der Großmutter ist. Eine nach britischem Recht zulässige, nach dem Tod des Erblassers abweichend vom Testament getroffene Vereinbarung über eine anderweitige Verteilung der Gegenstände des Nachlasses ist daher in Deutschland grundsätzlich als freigebige Zuwendung des Erben (also hier des Vaters und des Alleinerben nach seiner Mutter, der Großmutter des Klägers) anzusehen. Gerade weil eben der Kläger nach deutschem Recht nicht als Erbe angesehen werden kann, sondern lediglich als Beschenkter des schenkenden Erben, kann die britische Erbschaftsteuer nicht angerechnet werden.
Wer daher in Erbschaftsteuerangelegenheiten mit einem ausländischen Nachlass zu tun hat, muss sich im Vorfeld darüber erkundigen, wie Entscheidungen im jeweiligen Staatsrecht auf eine Besteuerung im anderen Staat Einfluss haben können. Andernfalls droht ein böses Erwachen, wie im hier entschiedenen Einzelfall.