Steuerbüro Bachmann

Wann ist die Berufsausbildung zu Ende?

Der Anspruch auf Kindergeld endet nach dem 18. Lebensjahr und vor dem 25. Lebensjahr eines Kindes, wenn es einen Ausbildungsstand erreicht hat, der zur Berufsausübung nach dem angestrebten Berufsziel befähigt. So der erster Leitsatz aus einer Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.10.2016 unter dem Aktenzeichen 7 K 407/16.

Im Streitfall war klärungsbedürftig, wann konkret eine Berufsausbildung abgeschlossen ist, damit der Erhalt des Kindergeldes auch in dem entsprechenden Monat gestoppt werden kann.

In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt hatte das Kind im Juli eines Jahres die staatliche Abschlussprüfung seines Berufes bestanden. Ausweislich des Schul- und Ausbildungsvertrages endete jedoch die Ausbildung unabhängig davon erst Ende August, also einen Monat später. Zudem sollte das Kind ausweislich einer Urkunde des Landes Baden-Württemberg erst ab Anfang September berechtigt sein, seine offizielle Berufsbezeichnung zu führen. Es scheint daher klar, dass auch die Ausbildung erst im August komplett abgeschlossen ist.

Trotzdem kam die zuständige Familienkasse zu dem Ergebnis, dass bereits für den Monat August kein Kindergeld mehr zu zahlen ist, da mit der bestandenen Abschlussprüfung im Juli die Berufsausbildung abgeschlossen sei und somit für den Monat August nicht mehr von einem Ausbildungsverhältnis ausgegangen werden kann. Damit wäre die Voraussetzung für den Kindergeldbezug nicht mehr gegeben.

In der Tat kam das erstinstanzliche Finanzgericht in der oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das Berufsziel in der Regel mit der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse erreicht ist. Dennoch besteht der Kindergeldanspruch entsprechend weiter, wenn das Kind nach der Ablegung der Prüfung aufgrund des Ausbildungsvertrages nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Tatsächlich lief der Ausbildungsvertrag nämlich unabhängig von der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse noch bis Ende August. Dementsprechend kann man auch davon ausgehen, dass das Kind trotz der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfung auch noch im August ausgebildet worden ist. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass auch im August noch eine Ausbildungsvergütung gezahlt wurde. Hinzu kommt, dass das Kind ausweislich der Bescheinigung des Landes Baden-Württemberg erst Anfang September befugt gewesen ist, seine Berufsbezeichnung zu tragen. Dementsprechend kann man auch davon ausgehen, dass das Kind erst ab September dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stand und insoweit noch für August das Kindergeld gezahlt werden muss.

Alles in allem muss die Entscheidung der erstinstanzlichen Richter aus Baden-Württemberg als richtig und denklogisch eingeordnet werden. In kaum nachvollziehbarer Pingeligkeit hat jedoch die Familienkasse trotzdem den Revisionszug zum Bundesfinanzhof nach München bestiegen, sodass nun abschließend die obersten Finanzrichter der Republik sich unter dem Aktenzeichen III R 19/16 noch mit der Frage beschäftigen müssen, ob für den Monat August, trotz der recht eindeutigen Sachverhaltskonstellation, noch Kindergeld gewährt werden kann. Bedenkt man nun, dass das monatliche Kindergeld ab 2017 192 Euro beträgt (und im vorliegenden Streitjahr noch geringer war), ist es schwer nachzuvollziehen, warum seitens der Familienkasse ein solcher Streitfall vor das oberste Finanzgericht getrieben wird.

Tipp: Wer jedoch ein ähnliches Problem mit der Familienkasse hat, sollte sich nicht scheuen, Einspruch einzulegen, denn aus unserer Sicht stehen die Chancen sehr gut, dass der Bundesfinanzhof das Urteil der ersten Instanz bestätigt und damit im Sinne der Steuerpflichtigen entscheidet. Auch wenn es tatsächlich dabei nur um 192 Euro (oder weniger) geht, kostet Sie der Einspruch lediglich ein einmaliges Schreiben, mit dem auf das anhängige Verfahren unter Nennung des Aktenzeichens verwiesen wird. Selber klagen müssen Sie nicht, denn aufgrund der Anhängigkeit beim Bundesfinanzhof muss die Familienkasse Ihnen Verfahrensruhe gewähren.