Steuerbüro Bachmann

Wann liegt eine doppelte Haushaltsführung konkret vor?

Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit steuermindernd abgezogen werden. Eine doppelte Haushaltsführung liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstelle einen eigenen Hausstand unterhält. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt insoweit das Innehaben einer Wohnung sowie die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

Fraglich ist jedoch häufig, ob auch eine doppelte Haushaltsführung innerhalb einer Großstadt möglich sein kann. Also wohlgemerkt: Ob sowohl Erst- als auch beruflich motivierte Zweitwohnung sich in der gleichen Stadt befinden können.

Dazu hat aktuell das Finanzgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 16. Juni 2016 unter dem Aktenzeichen 1 K 3229/14 klargestellt, dass es Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung ist, dass der Ort des eigenen Hausstandes und der des Beschäftigungsorts auseinanderfallen.

Als Beschäftigungsort ist jedoch nicht die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen, sondern der Bereich, der zu der konkreten Anschrift der Arbeitsstätte noch als Einzugsgebiet anzusehen ist. Insoweit wohnt ein Arbeitnehmer bereits dann am Beschäftigungsort, wenn er von seiner Wohnung aus ungeachtet von Gemeinde- und Landesgrenzen seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen kann. Dabei liegen Fahrzeiten von etwa einer Stunde für die einfache Strecke noch in einem zeitlichen Rahmen, in dem einem Arbeitnehmer zugemutet werden kann, von seinem Hausstand die Arbeitsstätte aufzusuchen.

In Abgrenzung dazu stellen die Richter jedoch auch klar, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht schon dann vorliegt, wenn bei der Beurteilung der Gesamtumstände eine tägliche Fahrzeitverkürzung von mindestens einer Stunde eintritt.

Trotz dieser klaren Rechtsprechung scheint sich in dieser Sache etwas zu tun, denn das Finanzgericht Baden-Württemberg hat gegen die oben genannte Entscheidung die Revision zugelassen – obwohl bereits mit Urteil vom 17. Dezember 2015 unter dem Aktenzeichen 2 K 113/14 das Finanzgericht Hamburg ganz ähnlich geurteilt hatte. So sahen die hanseatischen Richter insbesondere in Großstädten, in denen die Wohnstätten der Beschäftigten immer weiter in die Randbereiche und über die politischen Grenzen einer Gemeinde hinaus gedrängt werden, Fahrzeiten von etwa einer Stunde als üblich und ohne weiteres zumutbar an.

Ebenso ganz ähnlich hat mit Datum vom 16. Dezember 2015 das Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen 7 K 7366/13 geurteilt. Abweichend vom Tenor der bereits vorgestellten Entscheidungen führen die Berliner Richter noch weiter aus: „Fehlt es an dem Auseinanderfallen von Beschäftigungsort und Ort der Hauptwohnung, sind die Aufwendungen für eine Zweitwohnung auch dann nicht als Werbungskosten berücksichtigungsfähig, wenn die Zweitwohnung aus beruflichem Anlass begründet worden ist.“

Bemerkenswert ist, dass gegen die Entscheidung aus Berlin-Brandenburg die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 2/16 anhängig ist. Insoweit werden die obersten Finanzrichter der Republik zu klären haben, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung eine Wohnung, in der der eigene Hausstand unterhalten wird, als noch zum Beschäftigungsort gehörend anzusehen ist, und ob eine doppelte Haushaltsführung auch möglich ist, wenn der eigene Hausstand und der Beschäftigungsort in derselben politischen Gemeinde liegen.

Tipp: Betroffene, die in derselben politischen Gemeinde zwei Wohnungen innehaben, um mit der Zweitwohnung näher am Arbeitsort zu sein, sollten daher das anhängige Verfahren als Musterverfahren nutzen und gegen den eigenen Einkommensteuerbescheid bzw. gegen die Ablehnung der doppelten Haushaltsführung Einspruch einlegen. Auch wenn die Erfolgsaussichten nicht überragend sein dürften: Vor Gericht und auf hoher See ist man immer in Gottes Hand! Also Einspruch einlegen und eigene Rechte sichern!