Damit ein Steuerbescheid noch geändert werden kann, muss dieser entweder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sein, in einem zu ändernden Punkt vorläufig erlassen worden sein, ein Einspruch muss noch innerhalb der Frist möglich sein oder aber es muss eine Korrekturvorschrift greifen. Der schlichte Antrag auf Änderung ist eine solche Korrekturvorschrift, welche in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2a der Abgabenordnung (AO) beheimatet ist. Danach gilt: Ein Steuerbescheid darf, wenn er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben betrifft, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird. Dies gilt jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft.
Eine besondere Bedeutung bekommt dieser sogenannte schlichte Antrag auf Änderung auch, wenn bereits eine Einspruchsentscheidung ergangen ist. Soll heißen, der schlichte Antrag auf Änderung kann auch dann eingesetzt werden, wenn der Steuerbescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. Dies ist für die Praxis deshalb von erheblicher Bedeutung, weil ein durch Einspruchsentscheidung bestätigter Steuerbescheid ansonsten grundsätzlich nur durch eine Klage beim Finanzgericht angegriffen werden kann. Da solche Klagen jedoch kostenintensiv sind, ist der schlichte Antrag auf Änderung eine günstige Alternative, um auch in solchen Fällen den Bescheid noch ändern zu können.
Ausweislich der oben bereits geschilderten Regelung ist es für eine solche schlichte Änderung der Einspruchsentscheidung laut Gesetz nur erforderlich, dass der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist seinen entsprechenden Änderungsantrag gestellt hat. Fraglich in diesem Zusammenhang ist jedoch, was nun genau unter einem solchen Änderungsantrag zu verstehen ist. So ist bereits geklärt, dass allein die Einreichung einer ausstehenden Steuererklärung ein konkludenter Antrag auf schlichte Änderung sein kann. Aber muss es immer eine Steuererklärung sein, oder reichen vielleicht auch schon einzelne Unterlagen aus? Dies ist bisher, soweit ersichtlich, vollkommen ungeklärt.
Es ist daher zu hoffen, dass diesbezüglich der Bundesfinanzhof hier Abhilfe schaffen wird. Unter dem Aktenzeichen XI R 17/18 soll nämlich zum Antrag auf schlichte Änderung in Schätzungsfällen geklärt werden, ob Anträge auf schlichte Änderung durch Übermittlung der DATEV-Berechnungen innerhalb der Klagefrist als hinreichend konkret gestellt gelten können, wenn die Besteuerungsgrundlagen zuvor wegen Nichtabgabe der Steuererklärung geschätzt wurden.
Der Fall dahinter ist durchaus alltäglich: Ein Steuerpflichtiger gibt seine Steuererklärung nicht ab, weshalb das Finanzamt schließlich eine Schätzung in die Welt setzt. Diese Schätzung wird mit Einspruch angegriffen, allerdings wird keine Steuererklärung zur Begründung des Einspruchs eingereicht. Die Folge: Das Finanzamt erlässt eine ablehnende Einspruchsentscheidung. Wie schon gesagt, hat der Steuerpflichtige nun in der Regel nur noch die Wahl, die Einspruchsentscheidung mittels Klage beim Finanzgericht anzugehen. Um sich diesen teuren Weg zu sparen, reicht jedoch gegebenenfalls auch ein schlichter Antrag auf Änderung aufgrund der Vorschrift des § 172 Abs. 1 Satz 3 AO. Danach ist der schlichte Antrag auf Änderung auch anwendbar, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zustimmt oder seinen Antrag auf Änderung des Steuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung gestellt hat.
Weil nun insoweit das Gesetz keine weiteren Voraussetzungen für einen schlichten Antrag auf Änderung, insbesondere hinsichtlich seiner formalen Gestalt, nennt, muss der Bundesfinanzhof klären, ob allein die Einreichung von Berechnungsunterlagen einen Änderungsantrag darstellen kann.
Besonders erfreulich und hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang: Das Niedersächsische Finanzgericht hat in einem entsprechenden Streitfall bereits mit Urteil vom 18.04.2018 unter dem Aktenzeichen 6 K 49/18 zu Gunsten der Steuerpflichtigen entschieden.
In dem erstinstanzlichen Urteil heißt es konkret: Die Klägerin hat ihren Antrag auf schlichte Änderung mit den innerhalb der Klagefrist beim Finanzamt eingereichten DATEV-Berechnungen zu den verschiedenen Steuerarten in ausreichendem Maße konkretisiert. Insbesondere weil das Finanzamt aus den eingereichten DATEV-Berechnungen sämtliche Besteuerungsgrundlagen und im Fall der Umsatzsteuer auch die Ermittlung der Umsatzsteuerzahllast einwandfrei nachvollziehen kann, geht das erstinstanzliche Finanzgericht davon aus, dass insoweit ein ordnungsgemäßer Antrag auf schlichte Änderung allein durch die Einreichung der Berechnungen gegeben ist.
Eine weitere Aufschlüsselung der Angaben in den DATEV Berechnungen, zum Beispiel die Angabe, welche Betriebseinnahmen und welche Betriebsausgaben die Klägerin bei der Ermittlung ihres Ergebnisses im Einzelnen berücksichtigt hat, ist für die Wirksamkeit eines Antrags auf schlichte Änderung ausweislich der erstinstanzlichen Entscheidung ganz ausdrücklich nicht erforderlich.
Für die notwendige Konkretisierung eines Antrages auf schlichte Änderung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO kann nichts anderes gelten als für die notwendige Konkretisierung einer Klage gemäß § 65 Abs. 1 FGO. Jedenfalls bestehen in den Substantiierungsanforderungen keine strukturellen Unterschiede. Die Vorlage vollständiger Steuererklärungen ist daher in Schätzungsfällen für einen hinreichend konkreten Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO nicht erforderlich.
Im Ergebnis bleibt daher zu hoffen, dass auch die obersten Finanzrichter am Bundesfinanzhof eine entsprechend positive Entscheidung treffen. Bis dahin sollte man jedoch auch bei Anträgen auf schlichte Änderung auf eine ganz konkrete Formulierung des Änderungsbegehrens und dessen Begründung achten.