Steuerbüro Bachmann

Was ist nun mit der Vertrauensschutzregelung nach dem Wegfall des Eigenkapitalersatzrechts?

Früher war es vollkommen normal, dass untergegangene Darlehen oder der Betrag aus der Inanspruchnahme als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters führten. Dies hat sich jedoch mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechtes komplett geändert.

Hier zunächst die Details des Hintergrunds: Die steuerlich dazu maßgebende Entscheidung ist seinerzeit vom Bundesfinanzhof am 11.07.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 36/15 gefällt worden. Darin stellte der Bundesfinanzhof klar, dass mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechtes durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechtes und zur Bekämpfung von Missbräuchen (kurz: MoMiG) die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entfallen ist.

Ganz konkret entschied der Bundesfinanzhof seinerzeit, dass Aufwendungen des Gesellschafters aus seiner Inanspruchnahme als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung führen. Im Ergebnis kann daher die Inanspruchnahme als Bürge für ein Darlehen der eigenen GmbH oder auch der Untergang des direkt hingegebenen Darlehens an die GmbH steuerlich nicht mehr nach § 17 EStG steuermindernd berücksichtigt werden.

Da diese Entscheidung ein Paukenschlag war, waren die Richter des obersten deutschen Finanzgerichtes auch schon seinerzeit so umsichtig und haben im Rahmen einer Art Übergangsregelung eine Vertrauensschutzregelung getroffen, damit bisher schon realisierte Sachverhalte nach dem bewährten Muster abgehandelt werden konnten. 

Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen waren danach weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung dieses Urteils geleistet hatte oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden war.

Als Zwischenfazit sei an dieser Stelle festgehalten, dass die Vertrauensschutzregelung zur Berücksichtigung verlorener Gesellschafterdarlehen oder der Inanspruchnahme einer Bürgschaft als Anschaffungskosten nach dem Wegfall des Eigenkapitalersatzrechtes durchaus sinnvoll war. Mittlerweile ist nämlich nicht mehr umstritten, dass verlorene Gesellschafterdarlehen nach Inkrafttreten des MoMiG nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 EStG zu berücksichtigen sind.

Damit aber nicht genug. Aktuell regt sich ein Streit darüber, ob die Vertrauensschutzregelung des Bundesfinanzhofs, immerhin des höchsten Finanzgerichts der Republik, überhaupt rechtens ist.

So hat tatsächlich das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 13.12.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 3207/17 klargestellt, dass der Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass bis zur Veröffentlichung seines Urteils vom 11.7.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 36/15 die frühere steuerrechtliche Rechtslage aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin anzuwenden sei, nicht zu folgen ist.

Diese für betroffene Steuerpflichtige unter Umständen verheerende Entscheidung begründen die Richter des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg wie folgt: Ihrer Meinung nach ist der Bundesfinanzhof in seiner oben genannten Entscheidung aus dem Juli 2017 nicht von einer langjährigen ständigen Rechtsprechung abgewichen. Vielmehr unterscheiden sich die gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Rechtslage vor und nach Inkrafttreten des MoMiG wesentlich. Insbesondere sind die Vorschriften des Eigenkapitalersatzrechtes gänzlich weggefallen, wodurch die bisherige steuerliche Rechtsprechung, die an das Eigenkapitalersatzrecht angeknüpft hat, von selbst obsolet geworden ist.

Vereinfacht gesagt, stellen sich die Richter des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg damit auf den Standpunkt, dass die Begründung der seinerzeitigen und früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entzogen wurde, weshalb die Rechtsprechung an sich schon nicht mehr anwendbar war.

Erfreulicherweise sind die klagenden Steuerpflichtigen in die Revision zum Bundesfinanzhof gezogen. Unter dem Aktenzeichen IX R 1/19 muss dieser nun zur Frage der Anwendung des mit dem Senatsurteil aus Juli 2017 ausgesprochenen Vertrauensschutzes hinsichtlich der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen Stellung nehmen.

Tipp:Sofern Betroffene in diesem Punkt mit dem Finanzamt in Streit geraten, sollten sie auf das aktuelle Verfahren beim Bundesfinanzhof hinweisen und die eigene Verfahrensruhe beantragen. Auch wenn die Hoffnung regelmäßig zuletzt stirbt, bleibt jedoch zu hoffen, dass es auch im Sinne der Finanzverwaltung ist, an dieser Stelle keine weiteren Probleme aufkommen zu lassen, sondern notfalls die Vertrauensschutzregelung des Bundesfinanzhofs im Verwaltungswege umzusetzen.