Ein sehr wesentlicher Grundsatz des deutschen Einkommensteuerrechts lautet: Nur der, der Aufwendungen tatsächlich getragen hat, kann diese auch steuermindernd als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zum Ansatz bringen. Problematisch ist dieser Grundsatz häufig im familiären Bereich, da es hier oft vorkommt, dass ein Familienmitglied die Kosten eines anderen Verwandten bezahlt. Im schlimmsten Fall kann dies dann dazu führen, dass die Kosten (obwohl eigentlich abzugsfähig) aufgrund der Verausgabung durch einen Dritten nicht mehr steuermindernd absetzbar sind. Der Fachmann spricht dabei dann vom so genannten Drittaufwand.
Auch wenn ein solcher Drittaufwand grundsätzlich weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben abgezogen werden kann, existiert auch hier (wie so oft im deutschen Steuerrecht) eine Ausnahme. So kann der Drittaufwand doch wieder steuermindernd angesetzt werden, wenn er im Wege einer Abkürzung gezahlt wurde. Man spricht in diesem Zusammenhang unter anderem von der Abkürzung des Zahlungsweges oder auch von der Abkürzung des Vertragsweges.
So wird beispielsweise der Zahlungsweg abgekürzt, wenn Eltern die Schuld eines Kindes begleichen. Tatsächlich müsste man diesen Sachverhalt nämlich auseinanderziehen, denn im ersten Schritt würden die Eltern dem Kind lediglich Geld schenken, wovon das Kind dann im zweiten Schritt seine Schuld bezahlen würde. Sofern das Kind an sich steuerlich abzugsfähige Aufwendungen aus geschenktem Geld bezahlt, würde nichts gegen die steuerliche Absetzbarkeit als Werbungskosten oder Betriebsausgaben sprechen. Folglich kann es auch nicht sein, dass die Abkürzung dieses Zahlungsweges durch eine direkte Begleichung der Schuld des Kindes durch die Eltern zu einem anderen Ergebnis führt. Insgesamt kann daher festgehalten werden: Unter der Abkürzung eines Zahlungsweges versteht man quasi eine Schenkung, die in der Weise ausgeführt wird, dass der Beschenkte von einer Schuld befreit wird und das Geld direkt an einen Gläubiger des Beschenkten gegeben wird.
Basierend auf diesen Grundsätzen hat das Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 25.02.2016 unter dem Aktenzeichen 1 K 169/15 auch klargestellt, dass ein Kind die Aufwendungen für eine Maklerprovision für die Anmietung einer Studentenwohnung auch dann als vorweggenommene Werbungskosten steuermindernd ansetzen darf, wenn der Makler tatsächlich durch die Eltern bezahlt wurde. Klar und deutlich arbeitete das Gericht hier heraus, dass insoweit eine Abkürzung des Zahlungsweges vorliegt, weshalb nichts gegen den (vorweggenommenen) Werbungskostenabzug beim Kind spricht.
Selbst wenn der Maklervertrag direkt zwischen den Eltern und dem Makler abgeschlossen worden wäre, könnte ein vorweggenommener Werbungskostenabzug beim Kind in Betracht kommen, da es sich insoweit dann um eine Abkürzung des Vertragsweges handelt.
Allerdings führt die Abkürzung des Vertragsweges nicht immer zum gewünschten Ergebnis. So ist bereits in den Einkommensteuerhinweisen festgelegt, dass Verbindlichkeiten und andere Dauerschuldverhältnisse (dazu gehören auch Miet- und Pachtverträge) nicht unter die Vereinfachung der Abkürzung des Vertragsweges fallen können.
Dies ist auch im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 07.07.2008 so geregelt. Die Verwaltungsauffassung basiert dabei im Wesentlichen auf einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.02.2000 unter dem Aktenzeichen IV R 75/98. Im abgeurteilten Sachverhalt ging es um Schuldzinsen, die ein Ehegatte auf die Darlehensverbindlichkeit vom anderen Ehegatten gezahlt hatte und auch nicht als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abziehen durfte, obwohl die Darlehensbeträge zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern zur Einkünfteerzielung verwendet wurden. Allein die Tatsache, dass eine Dauerverbindlichkeit gegeben ist, schließt insoweit eine Abkürzung mit dem Ziel der steuerlichen Abzugsfähigkeit aus.
Dieses Urteil ist dabei leider auch auf im Rahmen des Studiums anfallende Kosten von Kindern zu übertragen, die tatsächlich von den Eltern bezahlt werden. So hat das Niedersächsische Finanzgericht in seiner oben zitierten Entscheidung ebenfalls klargestellt, dass die Mietkosten nicht als vorweggenommene Werbungskosten vom Kind abgesetzt werden können, wenn ein Elternteil den Mietvertrag abgeschlossen hat. Im Urteilsfall war es leider tatsächlich so, dass der Vermieter den Mietvertrag mit den Eltern abschließen wollte, um einen solventen Vertragspartner zu haben. Weil insoweit auch auf das Dauerschuldverhältnis „Mietvertrag“ die Vereinfachungsregel des abgekürzten Vertragswegs keine Anwendung finden kann, zahlen die Eltern damit definitiv eine eigene Schuld aus dem Vertragsverhältnis, weshalb das Kind hier keinen vorweggenommenen Werbungskostenabzug mehr hat.
Für die Praxis empfiehlt es sich in entsprechenden Fällen generell, dass regelmäßig die Kinder den Vertrag abschließen und die Eltern ihnen das Geld im Wege der Schenkung zur Verfügung stellen. Sollte diese Variante nicht gangbar sein, weil etwa der Vermieter einen solventen (also nicht studierenden) Vertragspartner fordert, muss der Vermieter davon überzeugt werden, dass sein Mietanspruch auch durch eine Bürgschaft der Eltern abgesichert werden kann. In diesem Fall haften die Eltern im Fall des Falles auch für die Miete, allerdings ist ein abgekürzter Vertragsweg nicht gegeben.
Exkurs: | Gegen das erstinstanzliche Urteil ist die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage zugelassen worden. Ob die Kläger jedoch tatsächlich den Revisionszug besteigen, bleibt abzuwarten. Sofern es Neuigkeiten gibt, werden sie selbstverständlich davon in Kenntnis setzen. |