Steuerbüro Bachmann

Zum Begriff der Pflege beim Übungsleiterfreibetrag

Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienste oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, sind grundsätzlich bis zur Höhe von insgesamt 2.400 Euro im Jahr steuerfrei. Vereinfacht gesagt, spricht man in diesem Zusammenhang vom sogenannten Übungsleiterfreibetrag.

Höchstrichterlich anhängig ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob auch die Vergütung der für eine gemeinnützige Einrichtung im Bereich der teilstationären Tagespflege im Fahrdienst tätigen Fahrer nach der Regelung des Übungsleiterfreibetrags in § 3 Nummer 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei ist. Leider ist diese Frage bisher abschließend noch nicht geklärt, jedoch gibt es zumindest auf erstinstanzlicher Finanzgerichtsebene bereits eine positive Entscheidung.

So hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 08.03.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 888/16 entschieden: Bürgerschaftlich engagierte Fahrer, die in neunsitzigen Bussen an weniger als 12 Stunden pro Wochen und damit nebenberuflich für eine in der Altenhilfe tätige gemeinnützige Einrichtung im Bereich der teilstationären Tagespflege ältere pflegebedürftige Menschen an ihrer Wohnung abholen und zur Tagespflege bringen bzw. von der Tagespflege wieder zur Wohnung bringen und unter anderem den Menschen beim Ein- und Aussteigen sowie beim Anschnallen helfen sowie sich mit ihnen unterhalten, erbringen eine im Rahmen des § 3 Nr. 26 EStG steuerfreie „nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen”. Der Begriff der „Pflege“ ist in diesem Zusammenhang erfreulicherweise weit auszulegen.

Im Hinblick auf die Argumentation des Finanzamtes, dass der sogenannte Übungsleiterfreibetrag insoweit nicht greift, führt das erstinstanzliche Finanzgericht ausdrücklich weiter aus, dass der Umstand, dass der Hol- und Bringdienst anders als Kranken- oder Behindertentransporte jeweils von nur einem Fahrer allein durchgeführt wird, nicht bereits die Schlussfolgerung zulässt, dass diese Tätigkeit nicht mehr als Pflege, sondern als Sachleistung (konkret als Beförderung) anzusehen ist. Ausdrücklich führt das Finanzgericht aus: Pflege im Sinne des § 3 Nr. 26, 3. Alt. EStG verlangt anders als die Tätigkeiten der in § 3 Nr. 26 1. Alt. EStG genannten Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und Betreuer keine bestimmte Intensität der Betreuung im Sinne einer Einflussnahme auf die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der gepflegten Person.

Daraus folgern die erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichtes Baden-Württemberg: In Übereinstimmung mit der gesetzgeberischen Zielsetzung, das bürgerschaftliche Engagement für alte Menschen zu stärken und besser anzuerkennen, ist der Begriff der „Pflege“ in der gesetzlichen Regelung des § 3 Nummer 26 EStG sehr weit auszulegen.

Ganz auf der Linie dieser erstinstanzlichen Rechtsprechung des Finanzgerichtes Baden-Württemberg liegt auch ein Urteil des Finanzgerichtes Köln vom 25.02.2015 unter dem Aktenzeichen 3 K 1350/12. Darin hat das Finanzgericht Köln die Vergütungen für Rettungshelfer, die nebenberuflich im Hintergrunddienst von Hausnotrufbetreibern tätig sind, bis zur Höchstgrenze von 2.400 Euro unter die Steuerbefreiung des sogenannten Übungsleiterfreibetrages eingeordnet.

Trotz der geballt positiven Rechtsprechung zu dieser Thematik ist die Finanzverwaltung gegen das Urteil des Finanzgerichtes Baden-Württemberg in die Revision gezogen. Leider mal wieder so ein Fall, bei dem man nicht versteht, warum der Fiskus die Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit nicht einfach akzeptieren kann. So oder so, abschließend wird der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI R 9/18 zu prüfen haben, ob Vergütungen für Fahrer, die nebenberuflich für eine Einrichtung der teilstationären Tagespflege im Fahrdienst tätig sind, nach § 3 Nummer 26 EStG steuerfrei sind und ob in diesem Zusammenhang der Begriff „Pflege“ entsprechend weit ausgelegt werden kann.

Tipp: Betroffenen in diesem konkreten Bereich oder auch in einem anderen Bereich, der zum Bereich der „Pflege“ gehören könnte, ist daher zu raten, Einspruch einzulegen und auf das anhängige Musterverfahren zu verweisen. Wenn der Bereich der „Pflege“ in diesem Zusammenhang weit auszulegen ist, dann sicherlich auch in anderen Bereichen. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in München bleibt daher spannend.