Grundsätzlich wird für die Frage der Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer nicht auf die Ermittlung der Grundbesitzwerte ausweislich des Bewertungsgesetzes zurückgegriffen. Im Normalfall bemisst sich die Grunderwerbsteuer nämlich nach dem Wert der Gegenleistung, sprich, in der Regel dem in der notariellen Urkunde festgelegten Kaufpreis.
Dennoch sind auch bei der Grunderwerbsteuer Sachverhalte gegeben, bei denen die Steuer nach den Grundbesitzwerten im Sinne der Regelungen des Bewertungsgesetzes zu bemessen ist. Ausweislich der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ist dies insbesondere dann der Fall, wenn die Immobilie nicht direkt veräußert wird, sondern vielmehr ein Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft verkauft wird, zu dem dann allerdings Immobilienvermögen gehört. In der steuerlichen Fachsprache spricht man hier vom sogenannten share deal.
Da jedoch bei Immobilienbewertungen aufgrund der typisierenden Berechnungen des Bewertungsgesetzes auch immer wieder Fälle auftreten, bei denen das Ergebnis des typisierenden Bewertungsverfahrens deutlich oberhalb des tatsächlichen Immobilienwertes liegt, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Wertes der Immobilie in § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) geschaffen. Danach gilt: Weist der Steuerpflichtigen nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelten Wert, so ist dieser niedrigere Wert für die Besteuerung heranzuziehen. Zudem existiert im Bewertungsgesetz in § 138 Absatz 4 BewG eine nahezu identische Regelung für die Bewertung von Grundbesitz für die Grunderwerbsteuer.
Fraglich ist indes, wie denn der Nachweis des niedrigeren Grundbesitzwertes in der Praxis tatsächlich erbracht wird. Regelmäßig verlangen die Finanzämter hier nach wie vor Gutachten der örtlichen Gutachterausschüsse oder eines öffentlich bestellten Immobiliensachverständigen. Diese strikte Haltung hat leider das erstinstanzliche Finanzgericht Münster mit seiner Entscheidung aus dem Jahr 2015 unter dem Aktenzeichen 3 K 336/14 bestätigt und dabei ganz aktuell Rückendeckung seitens der obersten Finanzrichter in München erhalten. Folglich kann ein niedrigerer Grundbesitzwert nicht mittels eines im Rahmen einer Auflösungsvereinbarung zur Beendigung einer GbR bezahlten Entgeltes nachgewiesen werden. Selbst wenn der Grundbesitz das alleinige Vermögen der GbR bildet, soll der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile nicht für die Bemessung des Immobilienwerts herangezogen werden können.
Konkret hat daher der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 25.04.2018 unter dem Aktenzeichen II R 47/15 klargestellt, dass für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Grundstücks der Wertansatz des Grundstücks in der Bilanz nicht ausreicht. Der Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts kann insoweit regelmäßig auch nicht durch Ableitung aus dem Kaufpreis für einen Gesellschaftsanteil geführt werden. Dies entschied der Bundesfinanzhof deshalb, weil er der Meinung ist, dass weder rechtlich noch tatsächlich der Erwerb eines Grundstücks und der Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft gleichzusetzen ist. Ausgehend von diesen Grundsätzen soll der Verkauf eines GbR-Anteils in Verbindung mit der Bilanz der GbR nicht geeignet sein, einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen, auch wenn die Gesellschaft ansonsten keinerlei Vermögen hält.
Insoweit ist dies eine Entscheidung aus der Abteilung: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer Recht. Sofern die Gesellschaft nämlich ansonsten keinerlei anderes Vermögen hat, ist es logisch schwer nachzuvollziehen, warum dann nicht auch der Kaufpreis für die Anteile zur Ermittlung eines niedrigeren gemeinen Werts der Immobilie in der Gesellschaft dienen kann. Trotz dieser auftretenden Unlogik muss auch betont werden, dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in ihrer rechtlichen Subsumtion nicht zu beanstanden ist.
Insoweit bleibt als Fazit festzuhalten, dass der Steuerpflichtige den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks in entsprechenden Fällen lediglich durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken führen kann.
Exkurs: | Ausdrücklich zu betonen ist abschließend nochmals, dass im vorliegenden Fall lediglich der Anteil an einer Gesellschaft veräußert wurde, die Immobilienvermögen hält und insoweit der Kaufpreis für die Anteile an der Gesellschaft nicht zum Nachweis eines niedrigeren Immobilienwertes dienen kann.
Andererseits gilt jedoch auch: Ein niedrigerer gemeiner Wert kann auch durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück nachgewiesen werden, wie der Bundesfinanzhof bereits im Urteil vom 15.03.2017 unter dem Aktenzeichen II R 10/15 geklärt hat. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist in diesem Zusammenhang der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei denen die Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln. Mit Hinblick auf Immobilienverkäufe im Bereich der Familie ist daher in entsprechenden Fällen auch immer darzulegen, dass der Immobilienverkauf auch tatsächlich unter fremdüblichen Bedingungen erfolgt ist. Nur dann wird der Kaufpreis zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts der Immobilie herangezogen werden können. |