Wer in Bezug auf das Kindergeld einen Ablehnungsbescheid der Familienkasse erhält, kann dagegen Einspruch einlegen. Grundvoraussetzung dabei ist, dass der Einspruch innerhalb der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist fristgemäß eingelegt wird. Regelmäßig kann der Einspruch schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift erklärt werden.
Gerade in Kindergeldfällen scheint es jedoch häufig der Fall zu sein, dass die Einspruchsfrist versäumt wird. Selbst wenn jedoch der Ablehnungsbescheid für das Kindergeld definitiv zu Unrecht ergangen ist, ist ein Einspruch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nicht mehr möglich. Im schlimmsten Fall muss dann bis auf weiteres auf das Kindergeld verzichtet werden, da der Bescheid nicht mehr änderbar ist.
Aktuell hat jedoch das Finanzgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 21.03.2018 unter dem Aktenzeichen 1 K 205/15 klargestellt, dass im Falle einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung die generelle Einspruchsfrist von einem Jahr gilt. In diesem Zusammenhang stellen die Richter unmissverständlich klar, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung bereits dann unrichtig ist, wenn sie in einer der gemäß § 356 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch bei einer objektiven Betrachtung die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint.
Im Streitfall kam es tatsächlich zur Verlängerung der einmonatigen Einspruchsfrist auf ein Jahr, sodass ein Einspruch noch innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides zum Kindergeld möglich war.
Tatsächlich war im Urteilsfall zwar eine Rechtsbehelfsbelehrung gegeben, jedoch hielt das Gericht diese für missverständlich. Auszugsweise lautet die Rechtsbehelfsbelehrung wie folgt: „ (…) Der Einspruch ist bei der Familienkasse X mit Sitz in Y-Stadt schriftlich einzureichen, dieser elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären. (…)“ Wie es tatsächlich üblich ist, enthielt jedoch die Rechtsbehelfsbelehrung keine konkrete Postanschrift der Familienkasse.
Der Bescheid selbst enthielt zwar eine Postanschrift, allerdings lautete diese auf die Familienkasse X mit Sitz in Z-Stadt, welche mit der Besucheradresse übereinstimmte. Eine Adresse der Familienkasse in Y-Stadt war im Bescheid nicht zu finden. Insbesondere bei Familienkassen ist dies nicht selten, da eine bestimmte Familienkasse einer Stadt häufig überregional tätig ist und so in anderen Gemeinden auch noch weitere Niederlassungen unterhält.
In der Tatsache, dass die Rechtsbehelfsbelehrung jedoch auffordert, sich an Y-Stadt zu wenden, ohne dass der Ablehnungsbescheid zum Kindergeld eine Adresse aus Y-Stadt bereithält, sondern lediglich eine Adresse einer anderen Gemeinde, erkannte das erstinstanzliche Finanzgericht eine derart gravierende Unklarheit, welche insgesamt zu einer widersprüchlichen und damit objektiv unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung führt.
Die Tatsache, dass sich die definitiv widersprüchlichen Angaben in dem Ablehnungsbescheid zum Kindergeld betreffend die Erreichbarkeit der Anspruchsbehörde im Streitfall möglicherweise nicht konkret ausgewirkt haben, ist dabei nach Auffassung der Richter irrelevant.
Folglich stellt das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht daher abschließend fest: „Die verlängerte Rechtsbehelfsfrist von einem Jahr gilt bereits dann, wenn die Angaben unvollständig oder missverständlich gefasst sind und hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Dies ist hier zur Überzeugung des Senats wegen der insgesamt widersprüchlichen Ausdrucksweise der Beklagten der Fall.“
Exkurs: | Wie bereits erwähnt, könnte eine solche Ungenauigkeit in zahlreichen Ablehnungsbescheiden zum Kindergeld gegeben sein. Insofern kann es sich lohnen, auch ältere Bescheide, also Bescheide des letzten Jahres, noch einmal herauszusuchen und zu prüfen, ob eine solche Ungenauigkeit besteht. Ist sie gegeben, kann innerhalb von einem Jahr nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides zum Kindergeld Einspruch eingelegt werden. |