Steuerbüro Bachmann

Zur lohnsteuerlichen Behandlung von (Elektro-)Fahrrädern

Wenn Chefs den Mitarbeitern Dienstfahrräder zur privaten Nutzung anbieten, liegt nach Aussage der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (Erlass vom 03. Mai 2016, Kurzinfo LSt 1/2016) folgendes Vertragsmodell zugrunde:

Der Arbeitgeber schließt mit jemandem, der die gesamte Abwicklung betreut, einen Rahmenvertrag ab. Ferner werden zwischen dem Arbeitgeber und einem Leasinggeber Leasingverträge über die Fahrräder mit einer festen Laufzeit von zumeist 36 Monaten bzw. einer mehrjährigen festen Grundmietzeit mit (im Falle der unterlassenen Kündigung) anschließender automatischer Verlängerung abgeschlossen.

Zeitgleich schließt der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer für ebendiese Dauer einen Überlassungsvertrag hinsichtlich des Fahrrads ab, welcher auch eine private Nutzung zulässt.

Danach wird das Gehalt für die Dauer der Nutzungsüberlassung um einen festgelegten Betrag heruntergesetzt und der Arbeitnehmer verpflichtet sich zugleich zu einem sorgfältigen Umgang sowie dazu, das Fahrrad auf eigene Kosten zu warten und zu pflegen. Auch das Haftungsrisiko für Beschädigungen und Verlust wird auf den Arbeitnehmer abgewälzt. Dafür erhält der Arbeitnehmer im Gegenzug sämtliche Gewährleistungsansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Leasinggeber. Zudem sehen die Verträge häufig vor, dass der Arbeitnehmer das von ihm genutzte Leasingfahrrad bei Beendigung der Überlassung – ohne dass er darauf einen vertraglichen Anspruch hat – käuflich erwerben kann.

Fraglich ist nun die konkrete und korrekte lohnsteuerliche Behandlung einer solchen Fahrradüberlassung. Hier vertritt die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen die folgende Auffassung:

Ist das Fahrrad dem Arbeitnehmer nicht wirtschaftlich zuzurechnen, ist von einer Gehaltsumwandlung dergestalt auszugehen, dass der Barlohn des Arbeitnehmers um den Betrag der Leasingrate herabgesetzt wird. Für die Überlassung des Fahrrades zur privaten Nutzung wird unter Hinweis auf die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23.11.2012 der sich aus der Nutzungsüberlassung ergebende Sachlohn wie folgt ermittelt:

– bei (Elektro-)Fahrrädern, die nicht als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, mit monatlich 1 % der auf 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Brutto-Preisempfehlung des Herstellers oder Großhändlers bzw.
– bei Elektrofahrrädern, die als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, entsprechend der Sachbezugsermittlung eines Pkw. Dies bedeutet, dass neben der 1% Regelung auf den Bruttolistenneuwagenpreis inklusive Sonderausstattung auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit mit 0,03% des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung berücksichtigt werden sollen.

Anders sieht es hingegen aus, wenn dem Arbeitnehmer das Fahrrad zuzurechnen ist. Bezugnehmend auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 18.12.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 75/13, wonach es an einer Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Fahrten durch den Arbeitgeber fehlt, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist, stellt sich die Frage, wann der Arbeitnehmer als wirtschaftlicher Leasingnehmer angesehen werden muss.

Die Folge der wirtschaftlichen Eigentümerstellung wäre, dass die oben dargestellte lohnsteuerliche Behandlung ausscheidet. Entscheidend hierfür sind die vertraglichen Vereinbarungen in den jeweiligen Leasing- und Überlassungsverträgen.

Nach den Urteilsgründen aus der zuvor genannten Entscheidung ist dem Arbeitnehmer das Fahrrad nur dann zuzurechnen, wenn

1. ihm der Arbeitgeber das Fahrrad aufgrund einer vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung überlässt und
2. der Arbeitnehmer nach den tatsächlichen Umständen im Innenverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt entrichten muss und ihn allein die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache treffen.

Beide Voraussetzungen müssen dabei kumulativ vorliegen.

In der Praxis enthalten die Überlassungsverträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch häufig Klauseln, wonach das Nutzungsverhältnis vorzeitig beendet wird, wenn das Beschäftigungsverhältnis endet oder ruht. Eine solche Vereinbarung indiziert, dass die Überlassung des Fahrrads an das Arbeitsverhältnis gekoppelt ist und gerade nicht auf einer hiervon unabhängigen Sonderrechtsbeziehung beruht. Sind daher solche Klauseln vorhanden, erfolgt keine wirtschaftliche Zurechnung beim Arbeitnehmer und die Fahrradüberlassung muss wieder versteuert werden.

Enthält der Überlassungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine solche Einschränkung, ist er also vom weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses gänzlich unabhängig. Dann ist weiterhin erforderlich, dass der Arbeitnehmer die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers innehat. Für die Frage, wann dies konkret der Fall ist, sei an dieser Stelle auf die weiteren Ausführungen im Erlass der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen verwiesen.

Exkurs: Erwirbt der Arbeitnehmer bei Beendigung der Überlassung das von ihm genutzte Leasingfahrrad zu einem geringeren Preis als dessen Geldwert, ist der Differenzbetrag Arbeitslohn von dritter Seite (unabhängig davon, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer (wirtschaftlicher) Leasingnehmer ist). Ein (eventueller) Preisvorteil steht im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis. Durch die Leasingvereinbarung hat der Arbeitgeber an seiner Verschaffung aktiv mitgewirkt, auch wenn der Arbeitnehmer keinen vertraglichen Anspruch auf den Fahrraderwerb und einen Preisvorteil hat.