Steuerbüro Bachmann

Zusammenveranlagung trotz langjähriger räumlicher Trennung

Ausweislich der Regelungen des Einkommensteuergesetzes können Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden, wenn sie beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Eine Entscheidung des Finanzgericht Münster zeigt nun, dass das Tatbestandsmerkmal des „nicht dauernd Getrenntlebens“ nicht unbedingt wörtlich, sondern durchaus auch in übertragender Weise betrachtet werden kann.

Im Urteilssachverhalt des Finanzgerichts Münster hatte ein Paar im Jahre 1991 geheiratet und auch im selben Jahr ein Kind bekommen. Im Jahr 2001 zog die Ehefrau mit dem Kind aus dem bis dahin gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus aus. Trotzdem wurde weiterhin eine Zusammenveranlagung durchgeführt. Erst im Jahr 2012 wollte das Finanzamt die Eheleute nunmehr einzeln zur Einkommensteuer veranlagen. Dagegen argumentierten die Eheleute jedoch, dass sie lediglich räumlich getrennt lebten. Persönlich und auf geistiger Ebene sei vor einem Getrenntleben jedoch nicht die Rede. Vielmehr sei die Ehefrau seinerzeit ausgezogen, weil im Haus auch die pflegebedürftige Schwiegermutter lebte und so eine schwierige familiäre Situation aufkam. Der Auszug sei jedoch keineswegs mit einer Trennung vergleichbar, weshalb man auch nicht von einem Getrenntleben ausgehen dürfte. Vielmehr hätten sich die Eheleute weiter regelmäßig abends und an den Wochenenden getroffen und gemeinsame Ausflüge sowie sonntägliche Kirchbesuche unternommen. Auch habe es gemeinsame Urlaube gegeben. Zudem bestand auch eine gemeinsame Wirtschaftsgemeinschaft, da insbesondere der Unterhalt für das gemeinsame Kind gemeinsam getragen wurde. Schlüssig konnten die Eheleute darlegen, dass eine Trennung tatsächlich niemals stattgefunden hat. Insbesondere gab es keinerlei andere Partner, und der räumliche Auszug habe lediglich aufgrund der schwierigen familiären Situation stattgefunden. Aktuell würde man jedoch sogar wieder ein Zusammenziehen planen.

Das Finanzgericht Münster kam in seiner Entscheidung vom 22.02.2017 unter dem Aktenzeichen 7 K 2441/15 E zu dem Schluss, dass diese Form des räumlich getrennten Zusammenlebens in der aktuellen Zeit durchaus üblich sei. Tatsächlich spricht man dabei sogar vom so genannten „living apart together“. Zudem haben die Kläger durchaus glaubhaft gemacht, dass lediglich eine räumliche Trennung besteht, die persönliche und geistige Gemeinschaft jedoch weiterhin aufrecht erhalten wurde. Insoweit macht das Gericht auch klar, dass das Tatbestandsmerkmal des „nicht dauernd Getrenntlebens“ im Einkommensteuergesetz nicht bzw. nicht allein auf die räumliche Trennung reduziert werden darf.

Exkurs: Die erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist rechtskräftig, da die Revision nicht zugelassen wurde. Räumlich getrennt Zusammenlebende können sich daher auf das erstinstanzliche Urteil berufen, wenngleich sicherlich in jedem Einzelfall darzulegen ist, dass lediglich eine räumliche, jedoch keine persönliche und geistige Trennung vorhanden ist.
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