Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Man spricht in diesem Zusammenhang von so genannten anschaffungsnahen Herstellungskosten. Ausweislich der gesetzlichen Regelung gehören zu diesen anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht die Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
In der Praxis ist diese Regelung sehr umstritten. Immerhin entscheidet sie darüber, ob Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sofort steuermindernd als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden dürfen, oder ob sie zu den Herstellungskosten der Immobilie gehören und demnach nur über die Abschreibung, also verteilt auf einen Zeitraum von 50 Jahren, steuermindernd wirken können. Der steuersparende Unterschied (gerade auch im Hinblick auf die Progression des deutschen Einkommensteuertarifs) liegt auf der Hand.
Sinn und Zweck der Regelung ist es, einen (vermeintlichen) Steuermissbrauch zu verhindern. Der Gesetzgeber wollte durch die Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten nämlich erreichen, dass es möglich ist, eine Immobilie mit erheblichem Renovierungsstau günstig zu erwerben, dann zu renovieren und die Renovierungskosten sofort steuermindernd einsetzen zu können. Hätte man schließlich eine Immobilie ohne Renovierungsstau erworben, wäre der Anschaffungspreis dementsprechend höher, weshalb insoweit die wirtschaftlich vergleichbaren Beträge nur über die Abschreibung abgesetzt werden können.
Wie schon gesagt, herrscht in der Praxis häufig Streit über diese Regelung. So sind auch aktuell wieder zwei interessante Verfahren beim Bundesfinanzhof in München anhängig. Im ersten Verfahren geht es um die Rechtsfrage, ob Aufwendungen, die zur Erlangung der Betriebsbereitschaft aufgewendet werden und danach begrifflich Anschaffungskosten im Sinne des § 255 Absatz 1 Satz 1 HGB darstellen, von vornherein aus dem Anwendungsbereich der anschaffungsnahen Herstellungskosten auszuklammern sind. Es wird also die Frage gestellt, ob entsprechende Anschaffungskosten nicht bei der Prüfung der 15 Prozent-Grenze zu berücksichtigen sind.
Aus unserer Sicht ist in vergleichbaren Fällen eine Aufblähung der 15 Prozent-Grenze nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht sinnvoll. Anders sah dies jedoch das erstinstanzliche Finanzgericht München in seiner Entscheidung vom 03.02.2015 unter dem Aktenzeichen 11 K 186/12. Darin heißt es, dass die Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten auch Aufwendungen erfasst, die geleistet werden, um einen erworbenen Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, und die daher gemäß § 255 Abs. 1 HGB zu den Anschaffungskosten gehören. Nach Meinung der ersten Instanz führt die Vorschrift also nicht nur zu einer Umqualifizierung von Erhaltungsaufwendungen, sondern darüber hinaus auch zu einer Umwandlung von Anschaffungskosten zu Herstellungskosten. Ob dies richtig sein kann oder nicht, wird nun der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 15/15 zu klären haben.
Soweit der Streitfall in dieser Angelegenheit. Daneben existiert jedoch auch noch eine andere Streitfrage zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Diesmal geht es darum, ob Aufwendungen für Schönheitsreparaturen sowie für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, in die Prüfung von anschaffungsnahen Herstellungskosten im Rahmen einer umfassend durchgeführten Instandsetzung und Modernisierung einzubeziehen sind. Ausweislich des Gesetzeswortlauts sind diese nicht einzubeziehen. Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster sieht dies jedoch in seiner Entscheidung vom 25.09.2015 unter dem Aktenzeichen 8 K 4017/11 E ein wenig anders. Danach gilt: Schönheitsreparaturen in verschiedenen Wohnung eines Mehrfamilienhauses, die in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit anderen umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen stehen, rechnen nach Maßgabe der Vorschrift zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten und müssen auch tatsächlich bei der Prüfung der 15 Prozent-Grenze berücksichtigt werden.
Insoweit möchten die erstinstanzlichen Gerichte in beiden Fällen die 15 Prozent-Grenze aufblähen. Im zuletzt genannten Fall muss nun der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 22/15 über die Sachlage entscheiden.
Tipp: | Betroffene sollten Einspruch einlegen, wenn das Finanzamt in entsprechenden Fällen anschaffungsnahe Herstellungskosten annimmt. |
Exkurs: | Sofern möglich, bietet es sich in der Praxis natürlich immer an, die anschaffungsnahen Herstellungskosten zu vermeiden, indem entsprechende Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erst nach Ablauf von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden. Dann ist die Frage nämlich vollkommen irrelevant, denn die anschaffungsnahen Aufwendungen werden nicht mehr geprüft. |